Freiherr Freiherr: Ein Naumburger

Er war gefühlt von Anfang an dabei. Gehört gefühlt zu den Gründungsvätern der Weinmeile, obwohl er erst bei der dritten Auflage dabei war. Aber Siegfried Durchstecher ist etabliert in der Weinszene an Saale und Unstrut und doch unter Weinkennern nahezu unbekannt. Das liegt einerseits an seiner überschaubaren Rebfläche sowie an deren Lage. Obwohl der schönere Teil alles andere als versteckt liegt und jeder, der von Naumburg über Kleinjena nach Freyburg reist – für Weinfreunde keine ganz ungewöhnliche Route -, sie passieren muss. Am Ortsausgang Roßbachs Richtung Freyburg reckt sie sich steil in die Höhe. Eine typische Hobby-Winzer-Lage, denkt man. Arbeitsaufwendig, körperlich herausfordernd – nur was für Enthusiasten.
Also genau richtig für den Brandenburger aus der hügeligsten Ecke des gemeinhin flachen Bundeslandes. Vor 66 Jahren erblickte der gelernte Elektriker im Barnim die Welt und da sind, den verschiedensten Eiszeiten sei Dank, auf engstem Raum schon Höhenunterschiede von 100 Metern drin. Aber es war – natürlich - die Liebe, die Siegfried Durchstecher an Saale und Unstrut zog. Und so wohnt er seit den 70er Jahren in eben jenem Haus, das hoch über den von unten sichtbaren Rebzeilen thront – da wo kurz darauf der Wald beginnt.
Mit der Wende begann auch für Siegfried Durchstecher eine neue Zeit voller Chancen. Und so übertrug sich der Aufbruch auf die Hänge rund ums Wohnhaus. Aus den mehr oder weniger verwilderten oder mit Obstbäumen bestandenen Flächen wurden wieder Weinberge. Wieder, weil hier früher und ganz früher Wein gestanden hatte. Früher waren die 20er Jahre, ganz früher vor der Reblaus.
1000 Stöcke gepflanzt
Nun war Weinbau kein Geschäft mehr, das nur von staatlich Legitimierten betrieben werden konnte. In der wilden Aufbruchzeit ging vieles. Eben auch derlei Rebflächen wieder aufzureben. Zunächst pflanzte Durchstecher hinterm Haus in einer Flachlage, das war so 1992, vor 15 Jahren kam dann der so charakteristisch querterrassierte Hang zur Straße hin dran. Um die 1000 Stöcke insgesamt.
Gepflanzt wurde, was man damals halt so pflanzte: Weißburgunder, Müller-Thurgau, Silvaner und Gutedel bei den weißen. Dornfelder, Portugieser und Spätburgunder für die rote Fraktion. All diese Trauben landen seitdem im Landesweingut in den Saalhäusern. Gemeinsam mit denen der anderen Mitglieder der Naumburger Weinbaugesellschaft. Dort ist Durchstecher seit den ersten Pflanzungen Mitglied. Aber eben nicht nur. Er arbeitet im Vorstand und kümmert sich um Traubenannahme und Weinausgabe. Den Kerner allerdings, den lässt er von Anfang an separat ausbauen. Zunächst bei André Gussek, später im Landesweingut, seit ein paar Jahren nun bei Florian Deckert in Freyburg.
Wer eben jenen Kerner aber auch die Weine der Weinbaugesellschaft kosten möchte, hat bei der Weinmeile zu Pfingsten die größten Chancen. Aktuell bei Station 17, die mit Familie Durchstecher/Borkmann überschrieben ist. Ganz in der Nähe des vielleicht ambitioniertesten Steillagenwinzers im Haupterwerb, Matthias Hey. Hier wohnt die Tochter. Im hübschen Garten gibt es dann neben schon erwähnten Tropfen vor allem selbst gebackenen Kuchen. Hier geht an den tollen Pfingst-Tagen der Großteil der Weine des Hauses Durchstecher direkt beim Kunden in den Endverbrauch. So ist die Rückkopplung dann auch sehr unmittelbar. Als Ohrenzeuge habe ich noch keine Klagen gehört und selbst auch nie Grund gehabt, welche anzustimmen. Außerhalb der Meile muss man halt in Roßbach anfragen. Für die Listung bei einem Händler ist die Menge einfach zu überschaubar. Aber, ein durchaus lohnenswerter Abstecher.
Anstregungen in Grenzen
Große Experimente will der einst auch in der Berufsgenossenschaft Tätige nicht mehr mit seinen Flächen anstellen. Die Reben sind in einem guten Ertragsalter, Frostschäden gibt es in dieser Lage kaum. Die Werte sind immer sehr ordentlich. 100 Stöcke Solaris hat er mal gepflanzt, richtig warm geworden ist er mit dieser Rebsorte aber ebenso wenig wie mit dem Regent. Auch davon stehen ein paar auf seiner Fläche.
Die Querterrassierung und die in Mehrzahl auf dem Plateau gesetzten Reben halten die oben erwähnten Anstrengungen trotz der Steilheit des Hanges in überschaubaren Grenzen. Clever gelöst halt. Und so kann sich Siegfried Durchstecher sehr wohl vorstellen, das Hobby noch sehr lange zu pflegen.