Dorfreport Dorfreport: Schafe als Rasenmäher

Dass das Weingut Pawis eine ganz eigene Strahlkraft hat, ist schon länger eine Gewissheit, denn überraschend. Dass sich im Umfeld der Zscheiplitzer Spitzenwinzer aber aus dem Kreis ehemaliger wie aktueller Mitarbeiter eine Vielzahl kleiner Weinbaubetriebe entwickelt, ist eher weniger bekannt.
Ein neuer Ableger geht jetzt so richtig an den Start, der bislang kaum über den Freundeskreis hinaus bekannt war. „Weinhaus Grober-Feetz“ steht auf den Etiketten. Und der Start in der Kleinen Oberstraße am 11. Oktober letzten Jahres war das erste Weingut innerhalb der Freyburger Stadtmauern seit wenigstens… Wenn nicht sogar bedeutend länger. Ober-Weinbruder Dieter Hanisch wüsste das sicher, doch selbst der wohnt ja draußen. Hinter der Mauer. Wenn auch dicht dran. Und in Freyburg ist das eben schon ein Kriterium, ob man vor oder hinter der Mauer residiert – drinnen oder draußen!
Über Umwege zum Wein
Grober-Feetz sind drin. Noch. Denn das junge Paar Tino Feetz und Stephanie Grober-Feetz hat große Pläne. Vor gut einem Jahr geheiratet, soll die neue Adresse in der Mühlstraße liegen. Genau gegenüber der Burgmühle. Am derzeit größten Parkplatz. Momentan regieren die Bauarbeiter. Die neue Lese soll aber schon hier verarbeitet werden. Alte Gewölbe, Natursteine wohin man sieht, oder besser, wo immer man den Strukturputz entfernt. Die späte Blüte, der Verzug im Erntebeginn – kaum einer freut sich so darüber wie Tino und Stephanie.
Wer sind die beiden eigentlich? Ladies first. Stephanie kommt aus Schellsitz, dem Sackgassendorf in der Saale-Schleife bei Naumburg. Sitzt man der fokussierten jungen Frau gegenüber, ahnt man, welche Kraft sie treibt. All den jungen Menschen nach Bayern oder ins Ländle treibenden Widrigkeiten zum Trotz wollte sie hier ihr Glück finden. Plan eins, Werbegestalterin zu werden, erwies sich als nicht zielführend, Jobs hier und da brachten sie nach Freyburg und so zum Wein. Bei Florian Deckert begann sie die Ausbildung zur Winzerin. Nach anderthalb Jahren der Wechsel zu Bernard Pawis. Am Ende stand der Titel „Bester Winzer-Lehrling 2012“ oder „Bester Jungwinzer“. Da war Noah schon dabei. Produkt der Liebe zu Tino, den sie bei Pawis’ lieben lernte. Sein Weg zum Wein – ebenso ungewöhnlich. Gebürtiger Geraer, Vater und Mutter bei der Wismut. Also auch Tino. Schlosser. Die NVA erwies sich als Wegbereiter. Ein Manöver führte den Kradmelder durchs Unstruttal. Begeisterung pur. Hier musste er her. Nichts gegen Gera. Aber Weinberge und Unstrut waren dagegen das Paradies. Mit dem Bruder zog er um. Als Erntehelfer der Winzervereinigung lernte er Volker Bornschein kennen. Und bearbeitete mit ihm alsbald eine Fläche in den Schweigenbergen. 2001 dann der Start bei Bernard Pawis in der Lauchaer Straße. Seitdem gehört er zum festen Stamm des Hauses. Und will es auch bleiben.
Wählen, was ins Portfolio passt
Parallel kümmerte er sich um 2540 Quadratmeter in den Schweigenbergen. Als Pächter. Und machte erste eigene Weine. Bei und mit Hilfe von Bernard Pawis. Grüner Silvaner steht dort und Blauer Silvaner. Roter und weißer Gutedel, etwas Regent. Ein Teil des Silvaners landete in den Weinen des Weinhauses Pawis. Landete. Jetzt kommt alles in eigene Flaschen.
Obwohl 2012 der Eigentümer der Fläche wechselte, konnte er die Pacht erneuern. Damit behielt der kleine Betrieb sein Rückgrat. Zum eigenständigen Weingut, dem Stephanie vorsteht, reichte das nicht. Drei weitere Flächen kamen hinzu und schafften somit die Basis für den Umzug ins neue Quartier. 2500 Quadratmeter im Klinger-Weinberg, wo Dornfelder und Müller-Thurgau wachsen. 3000 Quadratmeter in der Lage Freyburger Mühlberg hinterm Hotel Rebschule. Hier erweitern Lemberger, Bacchus, Spät-, Grau- und Weißburgunder die Palette, stehen auch Müller-Thurgau und Dornfelder. Und in den Schweigenbergen gab es Zuwachs am Toskana-Schlösschen, wo Portugieser, Weiß- und Grauburgunder die Gesamtfläche auf 1,2 Hektar erweitern. Vom 12er Sortiment, das allerdings in den letzten Zügen der Verfügbarkeit liegt, hat es mir der Rote Gutedel besonders angetan, können aber auch die anderen Weine überzeugen. Dass Stephanie ihr Handwerk versteht, hat sie mit einer Auslese vom Blauen Silvaner schon in ihrer Lehrzeit bei Bernard Pawis bewiesen. Ein Monument!
Den Betrieb schrittweise zu erweitern, bleibt Ziel. Jetzt würden die beiden aber nicht mehr jede Fläche übernehmen, sondern auswählen, was ins Portfolio der zehn Rebsorten passt. Wenn sie irgendetwas neu pflanzen würden, dann Traminer und Gelben Muskateller. Und das ist dann Vision und kein derber Unfug, wie der ungewöhnliche Familien-Name gern von Freunden abgewandelt wird.Ü