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Hilfe aus Naumburg Bis in die Ukraine hinein

Uwe Scherling vom Agape-Hilfsverein bringt einen Lkw voll Spenden aus Naumburg und Zorbau zu Bedürftigen und vom Krieg Betroffenen.

Von Harald Boltze 22.04.2022, 09:34
Uwe Scherling (r.) schaut sich mit  Sohn René an, auf welcher Route er in die Ukraine gefahren ist. Beide waren 2004 für ihre Verdienste rund um ein rumänisches Kinderheim mit dem Wenzelspreis unserer Zeitung geehrt worden.
Uwe Scherling (r.) schaut sich mit Sohn René an, auf welcher Route er in die Ukraine gefahren ist. Beide waren 2004 für ihre Verdienste rund um ein rumänisches Kinderheim mit dem Wenzelspreis unserer Zeitung geehrt worden. (Foto: Torsten Biel)

Naumburg - Über 100 Mal ist Uwe Scherling mit seinem Naumburger Agape-Hilfsverein bereits in Rumänien gewesen, um in Pascani ein Kinderheim aufzubauen und zu sanieren (wir berichteten mehrfach). Doch einen Reisepass musste er sich Anfang April erstmalig ausstellen lassen. Denn diesmal ging seine Reise rund 100 Kilometer weiter - bis in die Ukraine hinein, wohin er jüngst zusammen mit dem Naumburger Frank Schlag Hilfsgüter brachte

Im März hatte Scherling in Tageblatt/MZ die Bürger aufgerufen, Spenden bei ihm abzugeben. Und dies passierte auch: Kleidung, Nahrungsmittel, Hygieneartikel trafen ein, zudem knapp 1.000 Euro zur Finanzierung des Transports, wobei sich vor allem das Naumburger Dialysezentrum sehr spendabel zeigte, erzählt der 69-Jährige. Dass der vereinseigene 7,5-Tonnen-Lkw dann sogar knackevoll wurde, lag an den vielen Spendengütern, die der Kreis in Zorbau einlagert und von denen Scherling gleich zehn Paletten Nahrung und Hygieneartikel mitnehmen konnte.

Durch die guten Kontakte nach Rumänien nahm man am 8. April die etwas längere Strecke in Kauf und traf in Botoșani im Nordosten Rumäniens auf Helfer des seit Jahrzehnten tätigen „Missionswerks Osteuropa“. „Der Chef vor Ort sagte uns gleich, dass wir mit dem großen Lkw an der Grenze ewig warten müssten. Deshalb haben wir alles per Hand auf kleinere Fahrzeuge verladen“, so Scherling. Er selbst sowie Frank Schlag fuhren dann mit über die Grenze und in die Ukraine hinein. Ob er da nicht Angst gehabt habe? „Nein, sonst darf man gar nicht erst aufbrechen.“ Er habe aber dennoch mit den Emotionen kämpfen müssen. Zum einen aufgrund der vielen Flüchtlinge, vor allem Frauen und Kinder, die in den Aufnahmelagern in der West-Ukraine zu Hunderten auf engstem Raum zusammenleben. Aber auch die Fahrt selbst war sehr eindrücklich. „Alle Verkehrsschilder waren entfernt, alle Nebenstraßen mit abgesägten Bäumen oder Betonsperren blockiert. Wir haben Panzersperren und Gefechtsstände, dazu zerschossene Hilfstransporter gesehen.“ Die Spenden aus Naumburg und Zorbau luden sie in einem ersten Auffanglager nahe der Grenze sowie in einem einst von den US-Amerikanern errichteten ukrainischen Kinderheim ab. Dort dient ein großes Zirkuszelt als Lager- und Sortierstätte für die Hilfsgüter.

Etwa 14 Stunden verbrachte er hinter der Grenze. Wieder in Rumänien ging es aber nicht sofort zurück nach Naumburg, sondern noch für knapp eine Woche, über Ostern, nach Pascani, um im dortigen Kinderheim die sanitären Anlagen in zwei Bädern fertigzustellen - alles ehrenamtlich, wie auch in den vergangenen fast 30 Jahren, erklärt Uwe Scherling.

Die von ihm und seinem Sohn René vorrangig geleitete Hilfsorganisation Kinderheim Agape ist für jegliche Geld- und Sachspenden dankbar. Neue Mitglieder seien stets willkommen. Bereits im Jahr 2004 waren Uwe und René Scherling mit dem Tageblatt/MZ-Wenzelspreis ausgezeichnet worden. Mit dieser undotierten Ehrung würdigte unsere Zeitung das besondere Engagement der beiden Naumburger.

Erreichbar ist der Verein in der Naumburger Ferdinand-Lassalle-Siedlung 35 und unter 03445/7 81 05 61. Spenden sind möglich über die Iban: DE76 8005 3000 3000 0666 58