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Eigenheim in Wethau Darum steht bei Helbigs ein Trabi in der guten Stube

Carsten Helbig baut gemeinsam mit seiner Frau Carina die einst von seinem Opa Rudi betriebene Wethauer Dorfgaststätte zu Wohnzwecken um. Das Kopfschütteln des Umfelds weicht dem Neid.

Von Andreas Löffler Aktualisiert: 14.01.2024, 21:48
Trabi in der guten Stube: Carsten Helbig steht an dem DDR-Fahrzeug, das der absolute „Hingucker“ im urig eingerichteten Saal der einstigen Wethauer Gaststätte „Deutsches Haus“ ist.
Trabi in der guten Stube: Carsten Helbig steht an dem DDR-Fahrzeug, das der absolute „Hingucker“ im urig eingerichteten Saal der einstigen Wethauer Gaststätte „Deutsches Haus“ ist. (Foto: Andreas Löffler)

Wethau. - Dieser Wow-Effekt ist gleichsam garantiert: Wer zum ersten Mal das Wohnhaus von Carina und Carsten Helbig in Wethau betritt, sieht sich in ihrer „guten Stube“, dem Party- und Versammlungsraum, einem ausgewachsenen Trabi gegenüber. Platz ist hier genug – schließlich befinden wir uns im Saal der einstigen Gaststätte „Deutsches Haus“.

Carina Helbig auf der Treppe der Holzkonstruktion, die die Wohnräume trägt.
Carina Helbig auf der Treppe der Holzkonstruktion, die die Wohnräume trägt.
(Foto: Andreas Löffler)

Wie so viele gute Geschichten beginnt auch jene des Paares und seines ungewöhnlichen Domizils mit dem Satz: „Ihr habt doch ’nen Knall!“ Das jedenfalls waren die Kommentare aus Umfeld und Familie, als der heute 54-Jährige und seine zehn Jahre jüngere Partnerin 2017 die in einem beklagenswerten Zustand befindliche Immobilie erwarben. „Es sah hier aus wie Sodom und Gomorra, durch das Dach konntest du durchgucken. Aber wir wollten eben unseren Traum vom Wohneigentum verwirklichen“, schildert Carsten Helbig. Bei ihm mischte sich zudem nicht zu knapp eine sentimentale Regung ein: „Mein Opa Rudi Gallert hat die Gaststätte von 1976 bis 1986 betrieben; und ich selbst habe bis zur Schließung in den Nachwendejahren bei den damaligen Wirten immer mal ausgeholfen.“

„Wir haben uns hier reingestellt und tagelang Gedanken gemacht, wie wir es gestalten könnten“, berichtet Carina Helbig. Als erste Schritte wurden das Dach geflickt und der bis dato quasi unmittelbar an Wethaus Hauptstraße grenzende Hausgiebel um vier Meter zurückversetzt. „Wir wollten es nicht so groß haben. Unsere vielleicht 65 Quadratmeter umfassende eigentliche Wohnfläche im neu entstandenen Obergeschoss ruht auf einer Holzkonstruktion, die wir selbst in den Saal eingezogen haben“, erzählt sie. Überhaupt sind nahezu alle Sanierungs- und Umbauarbeiten, teils mit Unterstützung von Freunden, von den beiden Helbigs nach Feierabend und an den Wochenenden in Eigenregie durchgeführt worden. „Ich bin handwerklich recht geschickt, habe mir Vieles angeeignet“, sagt Carsten, gelernter Facharbeiter für Lagerwirtschaft, und erinnert sich an den sportlichen Zeitplan.

Carsten Helbigs Opa Rudi Gallert war über ein Jahrzehnt der Wirt vor Ort.
Carsten Helbigs Opa Rudi Gallert war über ein Jahrzehnt der Wirt vor Ort.
(Foto/Repro: Andreas Löffler)

„Wir hatten unsere damalige Wohnung in Naumburg schon gekündigt und waren übergangsweise auf unser Gartengrundstück in Wethau gezogen. Das bedeutete auch, dass wir spätestens im Oktober 2018 zumindest mit unserem unmittelbaren Wohnbereich fertig sein mussten – was auch gelang.“ An ebenjenen Tag ihres Einzugs kann sich seine Partnerin Carina noch lebhaft erinnern. „Dort zu stehen und zu sehen, was entstanden ist, und zu wissen, wie es entstanden ist – da bin ich dann mal ganz schön sentimental geworden“, verrät sie lachend. „Bei manchen geht über ein solches Projekt die Ehe in die Brüche – uns hat das Ganze tatsächlich noch enger zusammengeschweißt“, sagt Carsten. Und die Skeptiker im Umfeld, jene also, die ihnen anfangs einen veritablen Knall bescheinigten, seien längst verstummt. „Ich denke, heute sind meine Kumpels fast ein bisschen neidisch – was natürlich keiner je so sagen oder zugeben würde“, meint er schmunzelnd.

Auch außen markant: Die grüne Fassade des Wohnhauses nahe der Kirche.
Auch außen markant: Die grüne Fassade des Wohnhauses nahe der Kirche.
(Foto: Andreas Löffler)

Womöglich Neidgefühle, auf jeden Fall den eingangs erwähnten Wow-Effekt ruft definitiv die Ausgestaltung des immer noch gut und gern 12 mal 16 Meter Grundfläche umfassende früheren Gaststättensaales hervor: Um einen riesigen Tisch herum sind dort an die 15 Sitzmöglichkeiten gruppiert – „ein schöner Ort, um mit Freunden zusammenzuhocken und zu feiern“, wie Carina Helbig sagt.

Stück für Stück sei das urige Ambiente in der „guten Stube“ gewachsen. „Bekannte brachten kultige Gegenstände oder Möbelstücke sowie Blechschilder mit. Und anlässlich meines 50. Geburtstages, zu dessen Feier sich hier bestimmt 50, 60 Gäste versammelten, haben wir noch eine kleine Partyküche in den Saal eingebaut“, so Carsten Helbig. Vor drei Jahren schließlich hielt der Trabi Einzug.