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Ausblick Ausblick: Kulturnacht in der Domstadt

26.08.2013, 09:34
Naumburgs Innenstadt lebte am Wochenende mit Töpfermarkt, Drehorgel- und Weinfest sowie Kunstmesse auf.
Naumburgs Innenstadt lebte am Wochenende mit Töpfermarkt, Drehorgel- und Weinfest sowie Kunstmesse auf. Torsten Biel Lizenz

Naumburg - Es waren einmal nicht die bekannten Wahrzeichen Naumburgs, die am Wochenende unzählige Gäste von nah und fern in die Domstadt lockten. Auch die zu den mehrtägigen Feierlichkeiten zum Städtepartnerschafts-Jubiläum angereisten über 120 Frauen und Männer aus Aachen allein sorgten nicht für gefüllte Gassen. Es waren die Kunsthandwerker, freischaffenden Künstler, Drehorgelspieler und Winzer, die die Innenstadt in eine pulsierende Erlebnismeile verwandelten. Deren Vielfalt dürfte dann auch kaum für Interessenkonflikte bei der Wochenendplanung gesorgt haben - denn für jeden war garantiert etwas dabei.

Vielfalt auf dem Töpfermarkt

Allerdings war es für Kurzentschlossene wie Martina und Rolf Drechsler aus Chemnitz aussichtslos, noch eine Übernachtung in Naumburg zu ergattern. So musste ein Tag reichen, um sich auf dem 22. Töpfermarkt umzusehen. Und auf diesem vergaß man ganz schnell Raum und Zeit. Immerhin hatten wieder 70 Töpfer und Keramiker aus ganz Deutschland die Chance genutzt, ihr Geschirr, ihre Gartenkeramik oder ihren Schmuck auf einem der größten Töpfermärkte feilzubieten. Die Auswahl war in Form, Dekor und Art wieder riesengroß und reichte von klassischer Töpferei bis zu originellen Stücken. Unterhaltsam war wieder das traditionelle Frackdrehen. Welcher der in Schale geschmissenen Töpfermeister würde sich bei der Arbeit nicht bekleckern? Bei diesem Wettstreit hatte das Publikum ein Wörtchen mitzureden. Den Tagessieg heimste am Sonnabend der Hallenser Jörg Heise ein. Gestern war es Iris Schöne aus Großhennersdorf, die mit sauberem Frack die Drehscheibe verließ. Verlassen war das Stichwort für Madleen Kröner (Kahlwinkel) und Kerstin Goschala (Lobitzsch). Die Organisatorinnen des Töpfermarktes bedankten sich bei Rolf Schultz. Der Naumburger Töpfer hatte den Markt einst mit ins Leben gerufen und die beiden Frauen viele Jahre unterstützt. Nun wird sich der 75-Jährige zur Ruhe setzen. Bevor die Waren auf dem dicht gefüllten Markt hier und da sicher verpackt in des Käufers Hände gelegt wurden. War eine arme Magd (alias Kathrin Blüchert) beinahe vergebens auf der Suche nach Käufern: „Wo seid ihr mit den dicken Geldbörsen, wo seid ihr Aachener“, rief sie während der Töpfermarkt eröffnenden Drosselbart-Szene in Anspielung an den anwesenden Aachener Oberbürgermeister Marcel Philipp und dessen Gefolge.

Melodien schallen durch Gassen

Mit dem Naumburger OB Bernward Küper eilte Philipp von einer Eröffnung zur nächsten. Es sei für ihn eine Hospitation, bei der er sich Anregungen holen könne, ohne kopieren zu wollen, erklärte Philipp schmunzelnd jenen Gästen, die für die Eröffnung des Drehorgelfestes auf den Holzmarkt gekommen waren. Während dieser standen die beiden Stadtoberhäupter angesichts des vollen Platzes eng nebeneinander - „wie Pat und Patachon“, bemerkte Küper augenzwinkernd. Um ihn und den gut Zwei-Meter-Mann Philipp herum warteten 18 Drehorgelspieler aus sechs Bundesländern, die Joachim Bunk, alias Drehorgel-Mucky wieder nach Naumburg geholt hatte, auf ihren Einsatz. Fröhliche, altbekannte Melodien wurden mit der Kurbel angeleiert - per Hand. Nur ein Instrument zog Strom aus der Dose: Die Kirmesorgel aus dem Jahr 1922, mit der Roland Renner durch die Lande zieht - und das bis nach Frankreich. Unterwegs sind er und Ehefrau Rosemarie stets mit dem Wohnwagen, so stellte sich ihm das Übernachtungsproblem in Naumburg nicht. Wie gewohnt zogen die Drehorgelspieler musizierend durch die Innenstadt und kehrten zum Spiel mit der Hildebrandt-Orgel in St. Wenzel ein.

Vom schweren Brot der Künstler

Kunstinteressierte zog es indes in die Galerie im Schlösschen. So auch die achtjährige Allegra. Kunst interessiert sie, und so ging sie gern mit Mutter Martina Stiehl zur Vernissage der vierten Kunstmesse regionaler Maler und Bildhauer. Aber eine Bedingung gab es doch: Zuvor wollte sie die Drosselbart-Szene anschauen. Nachdem ihr diesen Wunsch Vater Michael Kohl erfüllt hatte, schaute sie sich in der Galerie um. In dieser fehlten die Fotografien von Danilo Böhme. Krankheitsbedingt sei er nicht dabei, erklärte Künstlerin Doreen Wolff, die einst die Kunstmesse auf den Weg brachte, den Gästen. Dies griff sie auf, um auf die Situation der freischaffenden Künstler aufmerksam zu machen, die alles andere als einfach sei. Aus dem Kulturfördertopf hätten sie nichts zu erwarten. Es scheitert an Definitionen und Auslegungen. Sie hätten keine gesetzliche Gebühren- oder Honorarordnung, partizipierten nicht an der Wirtschaftsförderung oder müssten einkommenslose Zeiten überstehen, denn eine Unterstützung wie Hartz IV gibt es nicht, weil diese nur bei Arbeitslosigkeit greift.

Wie es um die Künstler bestellt ist, verdeutlichte sie mit einer Frage: „Wie will man künftig Museen füllen, wenn man den Künstlern das Wasser abgräbt?“

Töpfermeister wetteifern um den Tagessieg beim traditionellen Frackdrehen.
Töpfermeister wetteifern um den Tagessieg beim traditionellen Frackdrehen.
Torsten Biel Lizenz
Das Weinfest auf dem Holzmarkt bietet traditionell den Rahmen für die Eröffnung des Drehorgelfestes.
Das Weinfest auf dem Holzmarkt bietet traditionell den Rahmen für die Eröffnung des Drehorgelfestes.
Torsten Biel Lizenz
Zur vierten Kunstmesse bieten Künstler aus der Region ihre Arbeiten feil - Malereien bis Bildhauereien.
Zur vierten Kunstmesse bieten Künstler aus der Region ihre Arbeiten feil - Malereien bis Bildhauereien.
Torsten Biel Lizenz