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Astronomie Astronomie: Japaner auf Spur der Scheibe

Von Hans-Dieter Speck 16.04.2013, 06:48
Am Fundort der Himmelsscheibe: Der Wissenschaftler Wolfhard Schlosser berichtet für das japanische Fernsehen von seinen Untersuchungen.
Am Fundort der Himmelsscheibe: Der Wissenschaftler Wolfhard Schlosser berichtet für das japanische Fernsehen von seinen Untersuchungen. Speck Lizenz

Wangen - Astronomie in der frühen Menschheitsgeschichte. Ein Kamerateam von Nippon Hoso Kyokai, der staatlichen japanischen Rundfunkgesellschaft, fahndet in der ganzen Welt nach Spuren früher Sternenkunde. Am Sonnabend und Sonntag drehten die Fernsehleute aus dem Land der aufgehenden Sonne auf dem Mittelberg bei Wangen. Dort fanden bekanntlich zwei Raubgräber am 4. Juli 1999 die Bronzescheibe mit Goldapplikationen, die als Himmelsscheibe von Nebra bald darauf für Furore sorgte. Exakt am Fundort, der heute mit einer spiegelnden Metallscheibe, dem Himmelsauge, markiert ist, trafen sich die Dokumentarfilmer mit Professor Wolfhard Schlosser aus Bochum.

Theorien und Hypothesen

Schlosser, ein Pionier der Archäoastronomie, leistete mit seinen Theorien und Hypothesen einen wesentlichen Beitrag zur Entschlüsselung des astronomischen Wissens, das auf der 3 700 bis 4 100 Jahre alten Himmelsscheibe festgehalten ist. Vor Ort, wo die Reste des langen Winters gerade erst verschwunden sind, berichtete Schlosser für das japanische Fernsehen von seinen Untersuchungen zur Genauigkeit der Himmelsdarstellung, schilderte, wie er Unsicherheiten nachspürte und Toleranzen. Für ihn, so der Wissenschaftler, öffnete sich in konzentrierter und schöner Form das Weltbild der Menschen der Bronzezeit. Als er den Fund erstmals in den Händen gehalten hatte, seien ihm fast die Tränen gekommen.

Dreh auch aus Hubschrauber

Das Fernsehteam, betreut von der Journalistin Kathrin Hysky vom europäischen Makasete-Service für Japaner, suchte für Dreharbeiten weitere Wissenschaftler auf. Allen voran Harald Meller, den Leiter des Landesamtes für Denkmalpflege und Archäologie in Halle, der mit ungewöhnlichen Mitteln die Himmelsscheibe aus den Händen von Hehlern gerettet hatte. Da dieses Kriminalstück sein gutes Ende in Basel fand, wird auch diese Schweizer Stadt im Film eine Rolle spielen. Auch Freiberg mit dem Archäochemiker Ernst Pernicka, das Hamburger Planetarium und nicht zuletzt, wieder in unserer Region, das Sonnenobservatorium von Goseck sind Drehorte. Die Landschaft an Saale und Unstrut, einst ein Zentrum bronzezeitlichen Lebens, Handels und Wandels, soll aus einem Hubschrauberflug filmgerecht festgehalten werden.

Übrigens: Die Fernsehmacher waren sehr angetan von der Darstellung um die Himmelsscheibe im Besucherzentrum Arche Nebra bei Wangen. Und, mal abseits aller Wissenschaft, so verrieten Kameramann, Tontechniker und Redakteur, sie seien begeistert vom deutschen Bier und haben auch schon mal den Unstrutwein probiert. Was natürlich kein Thema im Film ist. Der, so ist der Plan, wird in 45 Minuten Länge im Juli von Nippon Hoso Kyokai ausgestrahlt.