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Corona Amt gibt Überforderung zu

Kreisverwaltung kann Kontaktnachverfolgung nicht mehr wie bisher leisten. Infizierte sollen nun selbst anrufen. Immerhin: Impf-Standorte werden wiedereröffnet.

Von Harald Boltze Aktualisiert: 14.11.2021, 11:24
Das SRH-Klinikum in Naumburg begrenzt wegen des Anstiegs der Corona-Inzidenz im Landkreis die Besuchsmöglichkeiten.
Das SRH-Klinikum in Naumburg begrenzt wegen des Anstiegs der Corona-Inzidenz im Landkreis die Besuchsmöglichkeiten. (Foto: Archiv/T. Biel)

Naumburg - Schon wieder Corona? Wenn Ihnen das Thema so langsam, aber sicher zum Hals raushängt, gibt es eine gute und eine schlechte Nachricht für Sie. Die schlechte: Das Thema bleibt. Die gute: Sie haben immerhin die Möglichkeit umzublättern. Diese „Vogel-Strauß-Taktik“ funktioniert aber nicht überall, etwa im...

Gesundheitsamt des Kreises: Dort, wo laut Landrat Götz Ulrich ebenfalls eine „verständliche Corona-Erschöpfung herrscht“, wie er am Freitag in einer eilig einberufenen Pressekonferenz sagte, ist die Belastungsgrenze überschritten. Von 7.660 Anrufen seit Monatsanfang, also Menschen, die sich als infiziert oder als Kontaktperson melden wollten, konnten laut Ulrich gerade mal 821 (!) bearbeitet werden. Zwar habe man das Amt erneut personell aufgestockt, auf jetzt 38 Mitarbeiter. Doch viel mehr sei nicht drin, um nicht weitere dringliche Aufgaben der Verwaltung zu vernachlässigen. Auch der Ruf nach Bundeswehr-Unterstützung sei deutlich schwieriger geworden, machte Ulrich klar. Und er gab ehrlich zu, dass viele Bürger zuletzt genervt und unzufrieden in Warteschleifen gehangen hätten.

Deswegen - und weil in den kommenden Wochen keinerlei Entspannung in Sicht ist, wie Amtsärztin Dr. Ina Treu sagte -, ändert die Kreisverwaltung ihre Strategie. Wer positiv schnellgetestet wird, geht weiter zur PCR-Bestätigung zum Hausarzt, ruft danach aber nicht (wie bisher) im Gesundheitsamt an. Dieses bekommt eine bestätigte Infektion samt persönlicher Daten eh von den Laboren gemeldet und wird von nun an selbst bei den Betroffenen anrufen. Allerdings - Stichwort Überlastung - hat dabei laut Landrat nicht „Lieschen Müller“ Priorität, sondern man werde sich aufgrund der Personalnot vorrangig auf Pflegeheime, medizinische Einrichtungen, Schulen und Kitas konzentrieren, um größere Ausbrüche zu verhindern. Infizierte Einzelpersonen sollen zu Hause in Quarantäne bleiben, selbstständig Kontaktpersonen informieren und auf den Anruf des Gesundheitsamtes warten. Eine neue Vorgehensweise, die laut Ulrich in Baden-Württemberg schon Standard geworden ist.

Infektionslage: „Jeder, der nicht geimpft ist, wird in diesem Winter an Covid erkranken“, beschreibt Amtsärztin Dr. Treu die Ansteckungskraft der Delta-Variante. Die Sieben-Tage-Inzidenz im Burgenlandkreis stieg am Freitag durch 161 Neuinfektionen auf 399,2. Zu einer Flut von Covid-Patienten in den Krankenhäusern ist es (noch) nicht gekommen.

Maßnahmen: Mit der Frage, Weihnachtsmärkte zu verbieten, beschäftigt sich Landrat Ulrich nicht. Denn ein solches Instrument wird ihm, „wie die meisten anderen Instrumente auch“, mit dem Ende der bundesweiten epidemischen Lage am 25. November aus der Hand genommen. Auch werde er dann keine Teilnehmergrenzen für Veranstaltungen mehr festlegen oder Schulen komplett schließen können. Ulrich und Treu appellierten jedoch an die Bevölkerung, freiwillig Kontakte zu reduzieren, Abstand zu halten und Hygienemaßnahmen verstärkt einzuhalten. Zudem werde es Teams aus Polizei und Ordnungsamt geben, die die Einhaltung der 3-G-Regeln in Gaststätten oder Kinos kontrollieren.

Impfen: Nachdem die Immunisierung in die Verantwortung der Kassenärztlichen Vereinigung (und damit in die Hände der Hausärzte) gelegt worden war, bekam der Kreis nun von Ministerpräsident Reiner Haseloff grünes Licht (und die finanzielle Rückendeckung), wieder stärker selbst aktiv zu werden. Dies führte zur großen, gestern begonnenen Impf-Aktion in Naumburg, Laucha, Zeitz und Weißenfels (wir berichteten mehrfach). Zudem wird im Landratsamt derzeit die Wiedereröffnung von stationären Impfangeboten geplant. Spätestens Ende November sollen sie eröffnen. Die genauen Standorte stünden noch nicht fest. In Naumburg wird es aber wohl wieder der „Alte Schlachthof“ werden. Ziel ist es, einen „Run“ abzufangen, sollte die Ständige Impfkommission schon bald die Beschränkung zum „Boostern“ lockern.

Impfgegner: Laut einer Forsa-Umfrage haben 50 Prozent der Ungeimpften bei der Bundestagswahl die AfD gewählt. CDU, SPD, Linke und Grüne blieben hingegen jeweils einstellig. Auf die Frage, wie mit dem Klientel derer, die das Impfen und demokratische Parteien der Mitte ablehnen, umzugehen sei, gab sich Landrat Götz Ulrich versöhnlich. „Verbale Diskriminierung“ sei der falsche Weg. Man müsse das Gespräch anbieten, um „eine Radikalisierung zu vermeiden“. Deshalb habe er vor, Befürworter und Gegner der Impfung zu einem „Runden Tisch“ einzuladen.

Aktuell stellt sich die Situation auf den Covid-19-Stationen in den SRH-Kliniken wie folgt dar: In Naumburg ist auf der gesondert eingerichteten Intensivstation kein Patientenbett belegt. Auf der Normalstation werden hingegen neun Patienten versorgt. In Zeitz gibt es derzeit ebenfalls keinen intensivmedizinisch zu behandelnden Covid-Patienten. Die Normalstation ist mit acht Patienten belegt (Stand jeweils 11. November). In beiden Kliniken müssen Personalausfälle wegen positiver Corona-Tests oder Quarantäne verkraftet werden.

„Angesichts des sprunghaften Anstiegs der Corona-Inzidenz im Burgenlandkreis, in Sachsen-Anhalt und den angrenzenden Bundesländern wurde die Festlegung getroffen, unser Krankenhaus ab 15. November für Besucher zu schließen“, heißt es auf der Hompage des SRH-Klinikums Naumburg www.klinikum-burgenlandkreis.de (wir berichten bereits). Es gebe aber Ausnahmen. So dürfe sich eine Begleitperson während der Geburt und zwei Stunden danach im Klinikum aufhalten. Für schwerstkranke Patienten, die im Sterben liegen, ist ein eingeschränkter Besuch in der Regel für eine Person nach vorheriger telefonischer Rücksprache möglich. „Für diese Ausnahmen“, heißt es, „gilt die generelle tagesaktuelle Testpflicht unabhängig vom Impf- oder Genesenenstatus. Für diese Tests sind die Besucher selbst verantwortlich.“