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Fußball 9 gegen 9 oder gar auf Kleinfeld im Burgenlandkreis?

„Norweger-Modell“ könnte eine Möglichkeit sein, den Abwärtstrend bei der Zahl der Männerteams zu stoppen. Hiesiger KFV regt es für die Kreisklasse an.

Von Torsten Kühl 18.03.2022, 09:47
Wird im Wetzendorfer Sportforum, wo die Kreisklasse-Kicker der SG ZW Karsdorf ihre Heimspiele austragen, irgendwann einmal das Norweger-Modell zur Anwendung kommen?
Wird im Wetzendorfer Sportforum, wo die Kreisklasse-Kicker der SG ZW Karsdorf ihre Heimspiele austragen, irgendwann einmal das Norweger-Modell zur Anwendung kommen? (Foto: Archiv/Hellfritzsch)

Naumburg - Was haben die SG Finne Billroda und der SV Burgscheidungen gemeinsam? Diese beiden Vereine sind im hiesigen Fußball-Geschehen die jüngsten „Opfer“ der demografischen Entwicklung und inzwischen aus den Ergebnisspalten und Tabellen verschwunden. Selbst die im Männerbereich eingegangenen Kooperationen mit den Bad Bibraern und Saubachern beziehungsweise Baumersrodaern hatten wegen personeller Engpässe irgendwann nicht mehr funktioniert. Oder ein anderes Beispiel: Aus den Fußball-Abteilungen des Wohlmirstedter SV und von Wacker Memleben ist der SV Kaiserpfalz geworden.

Wie kann nun aber der stetige Rückgang der Anzahl der Mannschaften - nicht nur im Männerbereich - gestoppt werden, ohne Identitäten aufzugeben? Da gibt es die verschiedensten Möglichkeiten. Spielgemeinschaften zum Beispiel, die aber, wie in zwei der genannten Fälle, auch nicht immer funktionieren. Ein anderes Modell heißt „Norweger“. Und dieses hat jetzt der Kreisfachverband (KFV) Fußball Burgenland ins Auge gefasst, um den Abwärtstrend in der Beteiligung am Spielbetrieb zu bremsen. Vorgestellt worden ist diese Variante den Vertretern der Vereine auf dem digitalen Staffeltag am Freitag vergangener Woche (Tageblatt/MZ berichtete). Bereits ab der Saison 2022/23 könnte diese Variante in der hiesigen Kreisklasse angewendet werden.

Spiele ohne Wertung

Was bedeutet das Norweger-Modell? Es bietet den Teilnehmern an diesem Wettbewerb die Möglichkeit zu entscheiden, mit welcher Zahl von Spielern sie antreten. Vor Saisonbeginn muss sich eine Mannschaft dafür anmelden. Spätestens drei Tage vor der jeweiligen Partie - so sieht es der Planentwurf des KFV vor - informieren die beiden beteiligten Teams darüber, in welcher Mannschaftsstärke sie antreten; der Gegner muss sich automatisch anpassen. „Möglich sind dabei ein flexibles 11 gegen 11 oder auch ein 9 gegen 9 auf Großfeld beziehungsweise ein 7 gegen 7 auf Kleinfeld“, erklärt Tobias Czäczine, Vizepräsident des KFV und Vorsitzender des Spielausschusses. Die im „Norweger-Modell“ ausgetragenen Begegnungen wären „Pflichtfreundschaftsspiele“, also ohne Wertung und Aufstiegsberechtigung.

Es würde aber auch möglich sein, während der Saison auf dieses Modell umzustellen, um Rückzüge von Mannschaften zu vermeiden.

KFV-Vizepräsident Tobias Czäczine

„Es würde aber auch möglich sein, während der Saison auf dieses Modell umzustellen, um Rückzüge von Mannschaften zu vermeiden“, so Tobias Czäczine weiter. „Spielen zwei Mannschaften im Norweger-Modell gegeneinander, wird mit der kleineren Anzahl gespielt. Bei einer entsprechenden Anzahl an Mannschaften wäre sogar eine eigene Liga innerhalb der Kreisklasse denkbar.“ Der Deutsche Fußball-Bund erlaubt das Modell für die untersten beiden Ligen. „Für uns kommt es jedoch nur für die Kreisklasse infrage“, sagt Tobias Czäczine, der das Modell hierzulande so offen wie möglich gestalten will. Eine Arbeitsgruppe soll dazu Vorschläge erstellen und dabei mögliche Fallstricke ausschließen.

Können sich die hiesigen Vereine mit dem Norweger-Modell anfreunden? „Die Resonanz auf unseren Vorschlag zum digitalen Staffeltag war durchweg positiv, unabhängig davon, ob die Vereine derzeit unter personellen Engpässen leiden oder nicht“, berichtet der KFV-Vize.

Karsdorfer in Arbeitsgruppe

So könnte sich die SG ZW Karsdorf vorstellen, in der Arbeitsgruppe mitzuwirken. „Ich stehe dem Modell nicht kritisch gegenüber, es sollte aber fair für alle gestaltet werden“, sagt Friedrich Blödtner, Abteilungsleiter Fußball seines Vereins und zusammen mit Sven Spitzer auch Trainer des Kreisklasse-Teams. „Wie kann ich zum Beispiel möglichst vielen Spielern Einsatzzeiten geben, wenn wir viel mehr Akteure zur Verfügung haben als der Gegner“, fragt er sich. Für die Karsdorfer selbst sei es aktuell nicht notwendig, das Norweger-Modell zwingend zu praktizieren, wobei man sich natürlich über jeden weiteren Neuzugang sehr freuen würde. „Aber wir wissen freilich nicht, wie es in zwei Jahren aussehen wird“, so Blödtner.

Michael Knorr, Trainer der Kreisklasse-Fußballer des FSV Klosterhäseler und zugleich Vereinsvorsitzender, findet den Ansatz der Norweger-Modells sehr gut, sieht aber Fragezeichen bei der Umsetzung.
Michael Knorr, Trainer der Kreisklasse-Fußballer des FSV Klosterhäseler und zugleich Vereinsvorsitzender, findet den Ansatz der Norweger-Modells sehr gut, sieht aber Fragezeichen bei der Umsetzung.
(Foto: Andreas Löffler)

Michael Knorr, Vorsitzender des FSV Klosterhäseler und Coach der Kreisklasse-Kicker seines Vereins, sagt: „Das Anliegen unseres Verbandes ist sehr gut. Alles, was dazu beiträgt, den Spielbetrieb am Laufen zu halten, muss man unterstützen. Große Fragezeichen sehe ich jedoch bei der praktischen Umsetzung des Modells.“ Brauche man zum Beispiel bewegliche Großfeldtore, fragt er sich. „Oder was passiert, wenn ein Team 15 Spieler mitbringt und der Gegner nur acht? Wie viele Spieler darf die personell besser besetzte Mannschaft dann einwechseln?“ Beim FSV habe man, so Knorr, auf dem Papier eine dicke Spielerdecke, arbeits- oder krankheitsbedingt müsse man dann aber doch immer wieder Altherren-Akteure reaktivieren, um die Mannschaft komplettieren zu können. „Einigen anderen Vereinen wird es nicht anders ergehen“, so der Vorsitzende der Klosterhäseler.