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1849 erstes Blatt für Stadt und Kreis

Von ALBRECHT GÜNTHER UND HANS-DIETER SPECK 16.04.2009, 09:30

NAUMBURG. - Am 3. Januar 1849 erschien in Naumburg die erste Ausgabe des "Kreisblatt für Stadt und Kreis Naumburg". Als Ergebnis der neuen bürgerlichen Freiheiten, die mit der Revolution von 1848 entstanden waren, konnte auch der Nachfolger des "Deutschen Bürger" als unabhängige Zeitung erscheinen. Damit begann in Naumburg eine 160-jährige Zeitungstradition, der sich das heutige Naumburger Tageblatt / Mitteldeutsche Zeitung als Heimatzeitung der Region verbunden sieht.

Mit vielfältigen Veranstaltungen und Foren, einem Pressefest sowie zahlreichen Leseraktionen würdigt unsere Zeitung in diesem Jahr diese 1849 begründete Tradition. Bestandteil dieser Aktionen ist ein "Monat der Zeitung", in dem Redaktion und Verlag ab heute in täglichen Beiträgen Aspekte dieser Geschichte darstellen, das Medium Tageszeitung mit seinen Angeboten näher vorstellen sowie Wissenswertes und Interessantes über die redaktionelle Arbeit, die Herstellung und den Vertrieb des Naumburger Tageblatt / Mitteldeutsche Zeitung vermitteln.

Eingebettet ist eine Treue-Aktion, in der ebenfalls ab heute täglich ein Einkaufsgutschein an Leser unserer Zeitung verlost werden. Sie wurden unter Ausschluss des Rechtsweges aus allen Abonnenten unserer Zeitung ermittelt. "Damit wollen wir unseren Lesern für die oft über viele Jahre währende Verbundenheit zum Tageblatt / MZ danken", sagte Regionalverlagsleiter Olaf Döring. Diese Treue zeigt sich auch in der Naumburger Zeitungshistorie. So erfreute sich das "Kreisblatt für Stadt und Kreis Naumburg" schon bald nach seiner Gründung regen Zuspruchs.

Mit der Umwandlung des von Heinrich Sieling 1848 gegründeten "Der deutsche Bürger" in das "Kreis-Blatt für Stadt und Kreis Naumburg" wurde diese Tradition begründet. Die Nummer eins erschien am 3. Januar 1849 als "Organ für amtliche Bekanntmachungen der Behörden des Kreises". Erscheinungstag war regelmäßig mittwochs und sonnabends. Der Preis betrug pro Vierteljahr acht Silbergroschen, auf das ganze Jahr einen Taler. "Von Anzeigen aller Art wird gespaltne Zeile mit 1 Sgr. berechnet." Das Blatt hatte vier bedruckte Seiten im Format 25 mal 20 Zentimeter. Es trug als Titelzeichen das von Lorbeer- und Eichenzweig umrahmte Stadtwappen, auf dem der preußische Adler thront. In der ersten Ausgabe äußerte der während der Revolutionstage von 1848 zum liberalen, aber preußisch-königstreuen Kreis Naumburger Demokraten gehörende Redakteur Franz von Florencourt eine Erwartung, die heute noch gilt.

"Das Blatt muß ein Naumburger Blatt werden", forderte er und schrieb weiter: "Den ungeheuren Einfluß, den die Localblätter auf das sittliche und politische Gedeihen von Stadt und Land haben, wird jetzt wohl Niemand mehr verkennen; überreiche Erfahrungen liegen vor, was alles durch die Localpresse gut und was alles schlecht gemacht werden kann; aber deshalb sollte auch Jeder, der es gut meint und Beruf dazu hat, nicht ruhig zusehen und die Hände in den Schooß legen. Ein gutes Lokalblatt fliegt nicht, wie eine gebratene Taube, in den offenen Mund; auch läßt es sich nicht durch bloßes Geldgeben ins Leben rufen und aufrecht erhalten; es will erarbeitet, es will errungen sein." Die Nummer 1 veröffentlichte eine Verordnung des Landrats "betreffend die Ausführung der Wahl für die erste Kammer" des preußischen Landtages sowie die "Wahlbezirke für das platte Land des Naumburger Kreises die zweite Kammer betreffend".

Aber auch andere Meldungen waren zu lesen. "In Folge einer in der Ausführung begriffenen, durch den strengen Frost unterbrochenen Abtragung eines steilen Tractes auf der Naumburg-Schönburger Straße ist zur Zeit der so genannte Kroppenberg für Wagen und Reiter nicht zu passiren", hieß es beispielsweise in einer amtlichen Bekanntmachung. Der Magistrat der Stadt erinnerte in einer polizeilichen Bekanntmachung, dass "bei der Einbringung des jungen Schlachtviehes, namentlich der Kälber, verwendete Hunde mit vorschriftsmäßig eingerichteten Maulkörben versehen sein müssen." Der erste Jahrgang des Blattes (104 Ausgaben, 533 Seiten, Format 25 mal 20) brachte neben politischen Nachrichten aus deutschen Landen und einer Darstellung der demokratischen Bewegung von 1848 eine Reihe örtlicher Nachrichten und die amtlichen Bekanntmachungen von Stadt und Landkreis. Auch historische Abhandlungen gehörten von Anfang an zur Zeitung. Diese gewann rasch an Abonnenten und war bald alleinige Lokalzeitung am Ort.

Zugleich wurden Umfang und Erscheinungsweise verändert. Ab 1872 erschien das Kreisblatt viermal wöchentlich und in einem größerem Format. Ab Jahrgang 1879 kam das Blatt mit 306 Ausgaben wöchentlich sechsmal heraus. Es wurde nachmittags mit dem Datum des nachfolgenden Tages ausgegeben. Acht Jahre später, mit dem 32. Jahrgang, erschien die Zeitung im Titel mit der Beifügung "Tageblatt" und im Format 43 mal 29 Zentimeter. Sonnabends gab es die Beilage "Landwirtschaftliche und Handels-Wochenübersicht". Das Naumburger Tageblatt gestaltete sämtliche Seiten der Zeitung im eigenen Haus, auch die politischen Nachrichten auf den ersten Seiten. Nachrichtendepeschen kamen bald über den Fernschreiber aktuell in die Redaktion, die eine Haupt- und eine Lokalredaktion besaß. Da die Zeitung im Landkreis und in den angrenzenden Regionen über ein ausgedehntes Anzeigenagenturnetz verfügte, kamen von dort auch viele Nachrichten zu örtlichen Ereignissen. Neben periodisch erscheinenden Beilagen aus dem eigenen Haus, so die "Naumburger Heimat", gab es Beilagen, die von Berliner Diensten geliefert wurden. Dazu gehörte die im Offsetdruck hergestellte "Illustrierte Beilage zum Naumburger Tageblatt - Das Leben im Bild". In der Zeit des Nationalsozialismus erschien neben dem Tageblatt mit der Mitteldeutschen Nationalzeitung eine der NSDAP direkt unterstellte Tageszeitung. 1944 wurde - als eine der letzten lokalen Zeitungen - das Naumburger Tageblatt kriegsbedingt eingestellt.

Erst 1945 erschien unter amerikanischer Besatzung wieder ein kleines, vierseitiges "Verkündungsblatt des Oberbürgermeisters". Kurzzeitig - nun bereits unter sowjetischer Besatzung - gab es dieses Mitteilungsblatt im Juli 1945 wieder mit dem Titel Naumburger Tageblatt. Danach erschienen wiederum die "Amtlichen Bekanntmachungen", zunächst im Sielingschen Verlag und nach dessen Übernahme durch die Liberal-Demokratische Partei als LDZ in der parteieigenen Elbe-Saale-Druckerei.