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Zwei Tage mal Politiker sein Zwei Tage mal Politiker sein: Schüler des Domgymnasiums üben Politik mit Planspiel

Von Michael Bertram 15.06.2019, 06:00
Am ersten der zwei Tage schaute auch die SPD-Bundestagsabgeordnete Katrin Budde vorbei und stellte sich den Fragen der Schüler.
Am ersten der zwei Tage schaute auch die SPD-Bundestagsabgeordnete Katrin Budde vorbei und stellte sich den Fragen der Schüler. Katrin Sieler

Merseburg - Europa heißt Vielfalt. Vielfalt an Sprachen und Kulturen. Aber auch Vielfalt an Meinungen. Wie schwierig es ist, diese im politischen Zusammenhang auf einen Nenner zu bringen, das haben in dieser Woche bei einem zweitägigen EU-Planspiel Schüler des Domgymnasiums Merseburg am eigenen Leib erfahren.

Planspiel: Harte Diskussion um umstrittenen Asylpolitik

Aufgeteilt auf zwei Gruppen versetzten sich die Zehntklässler in die Rolle von Ministerrat und EU-Parlament, die am Beispiel der ohnehin schon umstrittenen Asylpolitik ein Gesetz auszuarbeiten hatten, das von beiden Seiten angenommen wird. In mehreren Lesungen wurden die Vorschläge immer wieder angepasst, bis am Ende tatsächlich ein Konsens stand und man sich einigte.

„Im Zusammenhang mit der Europawahl haben wir uns schon in den vergangenen Wochen im Unterricht umfassend mit der EU und ihrer Arbeit befasst“, erklärte Sozialkundelehrer Björn Arendholz, der die Diskussionen aufmerksam im Hintergrund verfolgte. Die Federführung hatten die Schüler selbst übernommen, nachdem sie jeweils Vorsitzende gewählt hatten, die die Sitzungen leiteten.

„Das ist mal eine ganz andere Form, sich einem solchen Thema zu nähern“, meinte Arendholz, der mit Schülern auch schon den Bundestag besucht hat. „Auch solche Planspiele sind nicht ganz neu, die haben wir am Domgymnasium schon mehrfach durchgeführt.“

Planspiele keine neue Erfahrung

Gerade in diesen Tagen, wo die Fridays-for-Future-Bewegung unzählige Schüler deutschlandweit auf die Straßen zieht, um selbst Politik zu machen, sind solche Angebote interessant. „Wobei man nicht sagen kann, dass die Schüler heute politischer sind als früher“, meint der Sozialkundelehrer. „Sie sind nur nicht mehr so parteiaffin.“

Tatsächlich ist das Interesse am Planspiel, aber auch an Politik allgemein groß. „Das ist wirklich beispielhaft wie an dieser Schule alle mitziehen und sich beteiligen, das ist nicht immer der Fall“, erklärte Janosch Ptassek vom Träger des Planspiels, der Gesellschaft für Europa- und Kommunalpolitik (Geko) aus Berlin. Im ganzen Osten ist Geko unterwegs, um Schüler mit ihren Angeboten für Politik zu begeistern und die Arbeitsweise der einzelnen Akteure näherzubringen.

Planspiel: Rollenbeschreibung, Diskussion und Argumente

Damit das auch authentisch rüberkommt, haben bei dem Planspiel die Schüler unterschiedlichste Rollen übernommen. Sie spielten Abgeordnete aus den einzelnen EU-Mitgliedsstaaten. Sie vertraten dabei Positionen von rechten wie linken Fraktionen, aber auch den Liberalen im EU-Parlament.

Auf dem Tisch vor sich hatte jeder Schüler eine Rollenbeschreibung liegen, die vorgab, welche Position er in den Debatten zu vertreten hatte. „Meine Rolle passte nicht wirklich zu meiner persönlichen Einstellung, aber mit Hilfe des Papiers versucht man trotzdem überzeugend rüberzukommen und andere von seiner Position zu überzeugen“, meinte etwa die 17-Jährige Anna, die sich sonst gar nicht so sehr für Politik interessiert.

Planspiele kommen bei Schülern des Gymnasiums gut an

Anders sah es bei Lilly und Caroline (beide 16) aus, die im Ministerrat Rumänien vertraten. „Wir diskutieren schon über aktuelle politische Themen“, sagten beide. „Leider oft mehr auf dem Schulhof als im Unterricht“, bedauerte Lilly. Woran das liegt? „Ich glaube, die Lehrer haben Angst davor, dass es extreme Meinungen gibt und sie Diskussionen nicht mehr einfangen können.“ Da ziehe es die ein oder andere Lehrkraft eben vor, vor allem Theorie zu vermitteln.

Solche Planspiele kommen im Übrigen nicht nur bei den Schülern gut an. Auch bei den Politikern selbst stoßen sie auf ein positives Echo. „Es ist sehr wichtig, mit den Schülern ins direkte Gespräch zu kommen und zu erklären, wie Politik funktioniert“, sagte die SPD-Bundestagsabgeordnete Katrin Budde. Am ersten der beiden Aktionstage schaute sie in Merseburg vorbei und stellte sich den Fragen der Schüler. Dabei drehte es sich vor allem um die Themen Asyl, Uploadfilter und Klimaschutz. „Das sind klassische Themen, die die Jugendlichen interessieren“, sagte Budde. „Solche Treffen sind gut, um genau dafür auch selbst ein Gespür zu bekommen.“ (mz)