Weniger Bedürftige trotz Corona Weniger Bedürftige trotz Corona: Kaum zusätzliche Hartz-IV-Anträge von Selbstständigen

Merseburg - Der aktuelle Teillockdown hat bisher nicht zu einem spürbaren Anstieg von Hartz-IV-Anträgen von Soloselbstständigen geführt. Wie Gert Kuhnert, Leiter des Jobcenters Saalekreis, am Dienstag in dessen Betriebsausschuss berichtete, habe es im November bisher lediglich sieben Neuanträge von Selbstständigen gegeben. Auch insgesamt blieb die große Antragsflut der Selbstständigen in der Krise bisher aus. „Vor Corona hatten wir im Januar 226 Selbstständige im Bestand. Jetzt sind es etwa 250“, erklärte Kuhnert. Zu Spitzenzeiten im Frühjahr seien es mal 314 gewesen. „Da waren viele Friseurinnen und Kosmetikerinnen dabei. Die können jetzt jedoch arbeiten.“
Kritik an politischer Kommunikation im Frühjahr
Prognosen sind allerdings schwer. Die stellvertretende Betriebsleiterin Anke Gaudig verwies etwa darauf, dass die IHK derzeit nicht abschätzen könne, wie es weitergeht, wenn die Anzeigepflicht für Insolvenzen nicht mehr ausgesetzt ist. Bis Jahresende müssen Unternehmen, die wegen der Pandemie in existenzielle Schieflage geraten sind, dies nicht, wie sonst üblich, melden.
Gaudig berichtete auch, dass es bundesweit viel Unzufriedenheit bei Selbstständigen gebe, die nun auf Grundsicherung angewiesen seien, etwa weil die Regelsätze niedrig seien, wie auch die Vermögensgrenzen, wenn man bedenke, dass die Selbstständigen ja selbst für ihr Alter vorsorgen müssten. Kuhnert kritisierte zudem die politische Kommunikation im Frühjahr. Damals hieß es, dass es für die Selbstständigen keine Vermögensprüfung gebe. „Viele waren dann überrascht, dass das Einkommen, etwa der Ehefrau, doch angerechnet wird.“
Die Zuweisungen für Eingliederungshilfe sinkt um knapp eine Million Euro
Insgesamt konnte Kuhnert mit Blick auf die Statistik am Dienstag jedoch vor allem Positives vermelden – trotz Corona. So lag zwar die Zahl der Arbeitslosen im Saalekreis im Oktober mit 4.225 um 285 höher als im Vorjahr, die Bedarfsgemeinschaften, also die Haushalte, die auf Hartz-IV angewiesen sind, reduzierten sich jedoch um 563 auf 7.215. Auch gingen die Zahlen der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten (9.091) um 699 und der nicht erwerbsfähigen Leistungsberechtigten, vor allem Kinder, (2.922) um 417 gegenüber 2019 zurück. „Große Auswirkungen durch Corona können wir bei den Bedarfsgemeinschaften nicht erkennen“, sagte Kuhnert.
Gaudig stellte zudem den Wirtschaftsplan für 2021 vor. Das Jobcenter rechnet im kommenden Jahr mit Erträgen und Ausgaben von knapp 126 Millionen Euro, 4,8 Millionen Euro mehr als im laufenden Jahr. Aufgrund der geringeren Leistungsberechtigten sinken die Zuweisungen für Eingliederungshilfe um knapp eine Million Euro. „Wir müssen gucken, wie wir damit klarkommen“, sagte Kuhnert. Ohnehin, betonte die Jobcenterspitze, müsse man angesichts der ungewissen Pandemielage von Monat zu Monat schauen. (mz)