Welt-Frühgeborenen-Tag in Merseburg Welt-Frühgeborenen-Tag in Merseburg: Ein kleines Wunder

Merseburg/MZ - Der kleine Leo lacht und klatscht in die Hände. Dann blickt er neugierig auf dem Tisch umher, auf der Suche nach etwas, das er genauer unter die Lupe nehmen könnte. Er greift nach der Kaffeetasse. Seine Mutter lächelt. Nichts ist mehr zu spüren von den Sorgen, die Leo und seine Schwester Dana ihren Eltern und dem Klinikpersonal kurz nach der Geburt bereiteten. Die Zwillinge gehören zu den Kindern, die gar nicht schnell genug das Licht der Welt erblicken konnten.
Anlässlich des Welt-Frühgeborenen-Tages am 17. November richtete das Basedow-Klinikum in dieser Woche zum siebten Mal das traditionelle Frühchen-Treffen aus. „Die Veranstaltung findet immer viel Anklang. Wir möchten einfach in Kontakt bleiben. Manchmal ist es wie ein kleines Wunder, zu sehen, was aus den einstigen Sorgenkindern geworden ist. Einige sind heute schon sechs Jahre alt“, erzählt Barbara Scirok, die seit über 40 Jahren als Kinderkrankenschwester tätig ist. Außerdem sei es für viele Mütter mit kleineren Kindern schön zu sehen, wie gut sich die größeren bereits entwickelt haben. Bei Kaffee und Kuchen können die Eltern ins Gespräch kommen.
Auch Stefanie Bernhardt ist der Einladung gefolgt. Die Mutter der Zwillinge erinnert sich noch genau an den Tag der Geburt. Am 8. November 2012 stand für die junge Frau eine Routineuntersuchung bei ihrem Frauenarzt an. „Irgendwie hat das länger gedauert als sonst. Das kam mir komisch vor“, erzählt sie. Schließlich habe sie den Arzt gefragt „Es wird wohl ein Kaiserschnitt. Oder?“ Und dieser antwortete: „Ja und zwar gleich heute.“ Für Stefanie Bernhardt ein Schock, waren es doch noch drei Wochen bis zum errechneten Geburtstermin.
Doch nicht nur der Geburtstermin ist entscheidend
Leo und Dana erblickten noch am gleichen Tag das Licht der Welt. „Leo wog 1.970 Gramm, war 46 Zentimeter groß. Seine Schwester war mit 2 870 Gramm kräftiger“, erzählt die Mutter. Gleich nach der Geburt kam Leo in den Brutkasten, wurde über eine Nasensonde versorgt – zwei Wochen lang. „Es bestand zwar zu keiner Zeit Lebensgefahr, dennoch haben wir uns große Sorgen um ihn gemacht. Er war so winzig“, erinnert sich die junge Mutter. Während dieser Zeit konnten die Eltern den kleinen Leo jeden Tag für kurze Zeit aus dem Brutkasten herausnehmen. „Der Körperkontakt war uns in diesen ersten Tagen wichtig“, so Bernhardt. Zwillingsschwester Dana verbrachte die Nächte bei Leo. Nach drei Wochen konnte Leo endlich mit nach Hause.
„Im letzten Jahr gab es an unserem Klinikum 60 Frühgeburten“, erzählt Axel Schobeß, Chefarzt für Neonatologie (Infokasten). Als „Frühchen“ werden Kinder bezeichnet, die vor Vollendung der 37. Schwangerschaftswoche zur Welt kommen. Doch nicht nur der Geburtstermin ist entscheidend, sondern auch das Gewicht. „Kinder unter 2 500 Gramm werden auf die Frühchenstation verlegt. Generell behandeln wir im Klinikum Babys ab der 30. Woche und ab 1.000 Gramm. Neugeborene, die darunter liegen, werden zunächst in Halle versorgt und kommen dann wieder zu uns zurück“, erklärt Schobeß. Frühgeborene, die ab der 24. Woche zur Welt kommen, haben heute gute Überlebenschancen. „In den letzten Jahren hat sich viel getan. Die Behandlungsverfahren haben sich rasant verbessert. Hier in Merseburg setzen wir auf sogenannte sanfte Behandlungsstrategien. Dazu gehören unter anderem eine schonende Beatmung und das frühzeitige Einbeziehen der Eltern“, erzählt der Arzt.
Immer mehr Frühchen überleben. Und was besonders wichtig ist: mit immer weniger Folgeschäden. An ein Mädchen kann sich der Chefarzt gut erinnern: „Sie kam mit 750 Gramm nach 26 Schwangerschaftswochen zur Welt. Heute geht sie zur Schule und tanzt Ballett.“ Auch Leo ist auf dem besten Weg. „Er hat sich super entwickelt“, so seine Mutter. Manchmal sei er ein kleiner Träumer und seine Schwester ihm ein paar Wochen voraus, beispielsweise was das Krabbeln angeht, „aber dafür zeigt sie ihm alles und er lernt schnell“.