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Weihnachtszauber in Bad Lauchstädt Weihnachtszauber in Bad Lauchstädt: Die Chwatal-Orgel in der Goethestadt

Von Michael Bertram 13.12.2013, 19:40
Während Tino Herrig am Klang der feilt, schleppt Gunnar Schmid die riesigen Holzpfeifen in die Kirche.
Während Tino Herrig am Klang der feilt, schleppt Gunnar Schmid die riesigen Holzpfeifen in die Kirche. Peter Wölk Lizenz

Bad lauchstädt/MZ - Behutsam schabt Tino Herrig mit einem Werkzeug über das Metall, das jetzt ganz ruhig in seiner linken Hand liegt. Ein silberner Span hebt sich ab und fällt wenig später als Kringel auf den Boden. „Jetzt hat sie die richtige Länge und damit auch den richtigen Ton“, erklärt der Experte den Grund für die auf den Millimeter genaue Feinarbeit. Als Test bläst er kurz in die metallische Röhre und reicht sie seinem Kollegen.

Der Stab ist nicht irgendein Bauteil, sondern eine frisch restaurierte Pfeife der Chwatal-Orgel in der Stadtpfarrkirche Bad Lauchstädts. Noch bis zur kommenden Woche sind Herrig und seine beiden Kollegen damit beschäftigt, die für eine Reparatur demontierte Orgel aus dem Jahr 1829 in der Kirche in neuem Glanz erstrahlen zu lassen. Doch nicht nur auf die Optik des runderneuerten Orgelprospekts kommt es ihnen an, auch der Klang des Instruments dahinter soll sich nicht wesentlich von jenem zum Zeitpunkt der Fertigstellung vor über 180 Jahren unterscheiden.

Zuletzt war die Orgel verstimmt - einzelne Orgelpfeifen wurden notdürftig durch Gummibänder zusammengehalten. Der Gemeinde fehlte jedoch das Geld für eine umfassende Restaurierung des historischen und von Joseph Chwatal erbauten Instruments - bis der Förderkreis schließlich auf die Idee kam, Benefizkonzerte zu veranstalten, in der Lauchstädter Kirche oder auch im Umland. Über freiwillige Spenden kamen so seit 2010 schließlich 110.000 Euro zusammen. Und nach 20 Konzerten konnte die ersehnte Sanierung der Chwatal-Orgel in Auftrag gegeben werden. Weitere Konzerte sollten zudem die Erneuerung des Orgelprospekts ermöglichen.

Seit Februar war nun eine Fachwerkstatt in der Nähe von Frankfurt/Oder damit beschäftigt, das Instrument wieder auf Vordermann zu bringen. Für die Experten war dies ein besonderes Projekt, denn zum einen ist es wohl das einzige erhaltene Exemplar des Orgelbaumeisters im mitteldeutschen Raum. Zum anderen ist das heutige Instrument eine Synthese aus Original und inzwischen mehreren Nachbesserungen. Um die Bauweisen zu unterscheiden, besuchte das Team vor der Demontage Kirchen in Barnstädt und Wennungen, wo ähnliche Orgeln stehen.

Die Bad Lauchstädter Stadtpfarrkirche, in der die Chwatal-Orgel zu Hause ist, wurde zwischen den Jahren 1684 und 1686 erbaut. Dies geschah unter der Verwendung der spätgotischen Kirche, die 1499 geweiht worden war. An diesen Vorgängerbau erinnern heute noch der Turm und die Sakristei. Das besondere Merkmal der Kirche: der Turm, normalerweise der westliche Abschluss einer Kirche, steht in Bad Lauchstädt auf der östlichen Seite.

Vom Zeitzer Hofbildhauer Heinrich Schau stammt der Schnitzaltar der Stadtpfarrkirche aus dem Jahr 1686. Laut Pfarramt gilt er als ein bedeutendes Zeugnis des mitteldeutschen Frühbarock. Schau hatte nicht nur für die Bad Lauchstädter Kirche gearbeitet: auch die Altäre in den beiden Domen in Zeitz und Naumburg stammen aus seiner Hand.

Auch der Taufstein stammt aus demselben Jahr. Er wurde von einem unbekannten Künstler geschaffen. Das Taufbecken wird dabei von einem großen starken Engel getragen, der kniet - für die Gläubigen ein wichtiges Gleichnis für die Nähe Gottes.

Die Orgel fand schließlich im Jahr 1829 ihren Weg in das Gotteshaus. Erbaut von Joseph Chwatal thront sie seit jeher gegenüber dem Altar. In seiner Geschichte hat das Instrument gleich mehrere Umbaumaßnahmen erlebt. Schon nach 20 Jahren wurde die Chwatal-Orgel von Hellermann restauriert. Eine weitere Reparatur wurde 1888 vom Querfurter Orgelbauer Apel vorgenommen. Aus Kriegsgründen wurden 1917 die Prospektpfeifen entnommen und 1930 wieder hinzugefügt. Die letzte Reparatur erfolgte 1972 durch die Merseburger Firma Kühn.

Dass die Orgel nun noch vor Weihnachten an ihren Platz zurückkehrt, dürfte für den Förderkreis das beste Weihnachtsgeschenk in diesem Jahr sein. Und wie der Zufall so will, steht an diesem Samstag das vorerst letzte und - passend zum Fest - 24. Benefizkonzert auf dem Programm. Ab 17 Uhr erklingen Musik und Texte zum Advent. Im Kerzenschein musizieren ein Flötenensemble und der Posaunenchor der evangelischen Kirche.

Während Tino Herrig am Klang der Pfeifen feilt, schleppt Gunnar Schmid die riesigen Holzpfeifen in die Kirche.
Während Tino Herrig am Klang der Pfeifen feilt, schleppt Gunnar Schmid die riesigen Holzpfeifen in die Kirche.
Peter Wölk Lizenz
Während Tino Herrig am Klang der feilt, schleppt Gunnar Schmid die riesigen Holzpfeifen in die Kirche.
Während Tino Herrig am Klang der feilt, schleppt Gunnar Schmid die riesigen Holzpfeifen in die Kirche.
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Während Tino Herrig am Klang der feilt, schleppt Gunnar Schmid die riesigen Holzpfeifen in die Kirche.
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