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Vorgestellt Vorgestellt: In der «Kiste» wird man fündig

Von Dietmar Römer 07.03.2002, 15:50

Bad Dürrenberg/MZ. - Die Kirchfährendorfer "Kiste" ist eine Fundgrube. Und zu einer solchen gehört natürlich ein gehöriger Hauch von Nostalgie. Besonders immer dann, wenn sich junge Leute einrichten und eine Zeit ran holen, die sie selbst oft nicht bewusst erlebt oder bestenfalls ganz kurz nur gestreift haben. So findet man im Domizil des offiziell als Jugendverein Bad Dürrenberg bezeichneten Klubs namens "Kiste" von Lenin- bis Honecker-Konterfeis, von der Fernsehkiste "Patriot" aus dem VEB Radio- und Fernsehkombinat Rafena bis zu längst vergessenen Dürrenberger Straßenschildern vieles, was das Leben in der verblichenen DDR prägte.

Das Bild wäre nicht abgerundet, würden die DDR-Zweiräder der Marken BK, RT 125, SR1, KR 50 und Schwalbe unerwähnt bleiben. Nein, komplett soll die Sammlung der Mopeds und Mokiks aus dem Hause VEB Kombinat für Zweiradfahrzeuge Simson Suhl wie etwa die Vogelserie vom Spatz bis zum Sperber nicht werden.

Es ist halt nur so eine Bastelei am Verfügbaren, wohl, um sich von der neuen Welt der Vespas, Suzukis, Yamahas und Hondas etwa abzuheben. Aber Hallo! Die DDR-Mopeds und -Motorräder bedeuten nicht Verzicht. Olafs Honda schnauft zwar beim ersten Startknopfdruck nach der Winterpause etwas, flabbert dann aber los wie eine Harley. Ist ja auch noch nicht so recht Zeit für die motorisierten Zweiradvergnügungen. Noch ist eher Innendienst angesagt in der einstigen Kindergartenruine. Klar, urgemütlich ist es drinnen schon. Hat ja auch genug Kraft und Geld gekostet, betonen Hans-Peter, Doreen, Andreas, Katrin und Thomas, die zur zehn- bis fünfzehnköpfigen "Kernmannschaft" gehören. Und Kampf habe es anfangs ganz schön gekostet, um das Haus überhaupt zu kriegen. Nach dem Aus des auch mit viel Kraftaufwand ausgebauten Klubs auf dem Salinegelände 1995 bot die Stadt zunächst keine Alternative. Dann entdeckten die Mädels und Jungs den alten Kindergarten in Fährendorf. Andere bekamen aber plötzlich auch darauf Appetit, und im Rathaus wurden Stimmen laut etwa in der Richtung "Na, da unten machen doch die Jugendlichen, was sie wollen".

Der Kampf war am Ende erfolgreich, und der einst unter verschiedenen Namen firmierende Jugendklub - ursprünglich war''s eine lose Band, die nur ''n bisschen Musik machen wollte - legte los. Mit viel Fleiß, Enthusiasmus, eigenem Geld, clever organisiertem Material auch aus Abbruchhäusern und vor allem eigenen Ideen wurde erstmal entrümpelt, dann ausgebaut und gestaltet. Ja, auch ein paar Mark und mal ein noch verwendbares Fenster habe es einst von der Stadt gegeben, wofür man sich auch wunschgemäß den Namen Jugendverein Bad Dürrenberg gegeben habe. Aber sonst sei alles eigener harter Einsatz, versichern die jungen Leute. Wie jetzt im neuen Anbau für ein Billardzimmer oder in der Garage, die mit tadellosen DDR-Fliesen für kleine Klub-Schlachtfeste und kleinere Farbspritzarbeiten an den Zweirädern versehen wird.

Das soll alles soweit fertig sein, wenn die Freiluftsaison wieder ebenso viele Interessierte, Freunde und Bekannte zur "Kiste" lockt wie etwa die Kaffee- und Kuchennachmittagen jeden zweiten Sonntag im Monat. Dann kommt, wer Lust hat "und sich benehmen kann" mit seinem motorisierten Zweirad, um an den kleinen gemeinsamen Ausfahrten teilzunehmen oder auch mal kopfüber in den klubeigenen Pool zu springen.

Ganz groß soll das diesjährige Herbstfest vom 27. bis 29. September mit Motorrad- und Moped-Oldtimer-Stammtisch für alle Marken von MZ und Simson bis BMW und Vespa, mit Teilemarkt, Grill und Diskoabend aufgezogen werden. Damit klingt im Klub die Freiluftsaison aus. Die drin natürlich nicht. Dort steigt zu Weihnachten sicher wieder die Beachparty in Bikini und Badehose. Apropos: Für Beachvolleyball gibt''s an der Kiste einen herrlichen Sandplatz.