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Unterstützung Unterstützung: Saalekreis wird dreigeteilt

Von Dirk Skrzypczak 06.04.2013, 18:14
Leiter Jobcenter Saalekreis Gert Kuhnert
Leiter Jobcenter Saalekreis Gert Kuhnert MZ Lizenz

Merseburg/MZ - Für Langzeitarbeitslose, sozial schwache Familien und Asylbewerber im Saalekreis gelten neue Obergrenzen für die Kosten der Unterkunft. In der neuen „KDU“-Richtlinie, die der Kreistag beschlossen hat und die seit dem 1. April gilt, wird der Wohnungsmarkt regional unterschiedlich betrachtet. Daraus ergeben sich auch unterschiedliche Zuschüsse bei den maximal erlaubten Bruttokaltmieten. „Mit dieser neuen Richtlinie erhalten wir für unsere Arbeit die benötigte Rechtssicherheit“, sagt Gert Kuhnert, Leiter im Jobcenter des Saalekreises. Die MZ erklärt die wichtigsten Fakten:

Warum wurde die Richtlinie überarbeitet?

Das Bundessozialgericht fordert die Ermittlung von regional angemessenen Kosten für die Unterkunft. Diesen Ansprüchen genügte die alte Richtlinie im Saalekreis nicht mehr. „Das haben wir bei Gerichtsprozessen mit Leistungsempfängern zu spüren bekommen“, sagt Kuhnert, ohne weitere Details nennen zu wollen. Die neue Richtlinie soll rechtlich wasserdicht sein. Ob das stimmt, werden die nächsten Prozesse zeigen.

Wie wurden die neuen Daten erarbeitet?

Der Saalekreis hatte die Firma „Analyse & Konzepte“ aus Hamburg, die eine Niederlassung im Burgenlandkreis führt, mit dem Konzept beauftragt. „Die Untersuchung des regionalen Wohnungsmarktes hat ein halbes Jahr gedauert“, sagt Anja Vögele, Fachabteilungsleiterin im Eigenbetrieb. Demnach sind im Saalekreis 95 750 Wohnungen in 52 300 Gebäuden registriert. 42 500 Wohnungen befinden sich in Mehrfamilienhäusern mit mindestens drei Wohneinheiten. Laut Eigenbetrieb sollen die Mietpreise von 26 349 Wohnungen in die Kalkulationen eingeflossen sein.

Welche Veränderungen ergeben sich daraus?

Zum ersten Mal wird der Saalekreis in drei unterschiedliche Wohnungsmarkttypen eingeteilt. So wird berücksichtigt, dass etwa eine Einraumwohnung in Merseburg mehr kostet als in Querfurt. Daraus ergeben sich die Höchstsätze, die der Eigenbetrieb maximal als Bruttokaltmiete zahlt.

Diese Summe setzt sich aus der Nettokaltmiete und den so genannten kalten Betriebskosten - Hausmeister, Müllentsorgung - zusammen. „Die Nettokaltmiete und die kalten Betriebskosten sind variabel. So können Mieter selbst beeinflussen, auf was sie mehr Wert legen: mehr Platz oder einen höheren Standard“, erklärt Kuhnert.

Die Wohnungen gelten als angemessen, wenn sie über einen einfachen Standard verfügen. Diese Definition bedeute aber nicht billig, betont der Eigenbetrieb.

Werden die Zuschüsse künftig sinken?

Die Befürchtungen gibt es, werden aber vom Eigenbetrieb bis auf zwei Wohnungstypen in der Kategorie II entkräftet. Hier verringert sich die Obergrenze im Drei- sowie im Vierpersonenhaushalt um 12,20 sowie 21,60 Euro. In allen anderen Kategorien seien die Höchstgrenzen für die Bruttokaltmieten zwischen 0,2 und 7,3 Prozent gestiegen. „Niemand muss sich sorgen, dass er schlechter gestellt wird“, verspricht Betriebsleiter Kuhnert. Das soll auch für jene Betroffene gelten, für deren Wohnraum die Obergrenze nun sinkt. Hier werde es eine Wirtschaftlichkeitsberechnung geben. Es geht um die Frage, was für den Saalekreis letztlich günstiger ist: Die Menschen in den Wohnungen zu belassen oder ihnen den Umzug in ein Alternativquartier zu zahlen. Diese Kalkulation soll für zwei Jahre erfolgen. Dann wird die neue KDU-Richtlinie generell angepasst.

Für die meisten Leistungsempfänger gelten höhere Obergrenzen. Wie wird das verrechnet?

Das soll automatisch passieren, erklärt das Jobcenter. „Niemand muss deshalb bei uns vorsprechen. Die neuen Grenzwerte werden mit der nächsten Bewilligung der Leistungsbescheide berücksichtigt“, sagt Anja Vögele. Rückwirkend zum 1. April werde man dann auch eventuelle Mehrkosten erstatten.

Wie viele Bedarfsgemeinschaften zahlen bei der Miete bislang drauf?

Die maximale Bruttokaltmiete, die der Kreis erstattet, ist für die Leistungsempfänger kein Dogma. Wer will, kann sich auch in einer teureren Wohnung einmieten - muss die Mehrkosten dann allerdings selbst tragen. Im Saalekreis waren im März 12 573 Bedarfsgemeinschaften vom Ein- bis zum Mehrfamilienhaushalt gemeldet. Das sind über 21 000 Menschen. Laut der alten Richtlinie wurden in 2 925 Fällen die festgelegten Obergrenzen überschritten. Durch die neue Richtlinie sinkt dieser Wert nach Aktenlage auf 1 822 Bedarfsgemeinschaften. Welche Zusatzkosten dem Landkreis durch die neue KDU entstehen, kann der Eigenbetrieb derzeit nicht sagen.

Die neue Richtlinie definiert auch die Heizkosten. Was ändert sich?

Laut Jobcenter nichts. Als Vergleich orientiert sich der Saalekreis an den Angaben des Bundesheizkostenspiegels, der jährlich aktualisiert wird. „Die dort aufgelisteten statistischen Durchschnittswerte erreichen wir bei weitem nicht“, sagt Kuhnert. Ein Beispiel: Der Bundesheizkostenspiegel gibt für eine 50 Quadratmeter große Wohnung einen Fernwärmebedarf von 1,67 Euro pro Quadratmeter an. Im Saalekreis liegt er aktuell bei rund 1,15 Euro.