Kommerzieller Ultraschall wird verboten Ultraschall: kommerzielles Baby-TV verboten, doch wie gefährlich ist Ultraschall für Schwangere?

Merseburg - Für die meisten werdenden Mütter und Väter sind sie Grund zur Freude: Ultraschallaufnahmen, die Ärzte von Schwangeren machen. Die Bilder dokumentieren - wenn sie keine Hinweise auf Komplikationen anzeigen -, dass sich der Embryo gesund entwickelt. Und sie sind das erste Foto, das die Eltern von ihrer Tochter oder ihrem Sohn in Händen halten. Kommerzielles Baby-TV wird nun allerdings verboten - und viele Eltern fragen sich, wie gefährlich die Ultraschall-Untersuchungen von Schwangeren beim Arzt sind.
Unternehmer haben aus dem Interesse der Eltern an Bildern ihres ungeborenen Babys ein Geschäftsmodell gemacht: Sie bieten seit einiger Zeit Ultraschallaufnahmen von Kindern im Mutterleib an. In ihrem Internetauftritt versprechen sie Aufnahmen in „bester 3D Qualität in HD Live“, erfahrene Sonografen und eine „warmherzige Rund-um-Wohlfühl-Atmosphäre“ im „3D/4D-Ultraschallstudio“. Für Bilder und Videos können die Kunden - je nach Auswahl - schon einmal 100 Euro und mehr auf den Tisch legen.
Neue Schutzverordnung: Keine kommerziellen Ultraschallaufnahmen ab 2021
Der Gesetzgeber hat diesen Aktivitäten allerdings mittlerweile in der neuen Strahlenschutzverordnung einen Riegel vorgeschoben: Ab 1. Januar 2021 dürfen keine kommerziellen Ultraschallaufnahmen mehr von einem Fötus gemacht werden. Damit könnte die Geschichte an dieser Stelle enden.
Wäre in diesem Zusammenhang nicht eine Debatte über die Ultraschalluntersuchungen entbrannt, die von Fachleuten - also Ärzten - bei Schwangeren durchgeführt werden. Auch diese Form der Diagnostik steht plötzlich in der Kritik. Kann sie das werdende Kind gefährden?
Klaus-Vitold Jenderka ist jemand, der sich in diesen Wochen intensiv mit dem Thema beschäftigt hat - qua wissenschaftlicher Qualifikation und qua Funktion in der „Deutsche Gesellschaft für Ultraschall in der Medizin“ (Degum). Jenderka hat seit vielen Jahren an der Hochschule Merseburg eine Professur für Physik, Senorik und Ultraschall inne.
Und er ist seit langem auch in der Degum aktiv, derzeit als stellvertretender Leiter der Degum-Sektion Naturwissenschaft und Technik. „Ultraschall zur Diagnostik während der Schwangerschaft ist für den Fötus nicht gefährlich, da sind sich weltweit alle Experten einig“, sagt Jenderka. Ultraschalluntersuchungen während der Schwangerschaft - also einmal pro Trimester - seien folglich völlig unproblematisch.
Ist Intensität des Ultraschalls zu hoch, bestehe die Gefahr, dass sich bei Föten das Gewebe erwärmt
Dabei ist Ultraschall nicht gleich Ultraschall, wie der Wissenschaftler betont. Die Schallwellen seien in vielen Dingen vergleichbar mit den elektromagnetischen Wellen. „Auch hier gibt es ein breites Spektrum, wozu die Wärmestrahlung, das sichtbare Licht, UV-Strahlung, Röntgen- und Gammastrahlung gehören“, sagt Jenderka.
Allen gemeinsam sei, dass sie Energie transportieren - spürbar zum Beispiel an den wärmenden Sonnenstrahlen. „Eine zu hohe Intensität kann aber zu Schädigungen führen - etwa Sonnenbrand. Es kommt also beim Ultraschall auch auf die verwendete Frequenz und die Intensität an“, erläutert der Forscher weiter.
Ultraschall wird in der Medizin in mehreren Gebieten eingesetzt. Bei geringen Intensitäten dient er für diagnostische Zwecke als bildgebendes Verfahren - unter anderem bei Untersuchungen von Schwangeren. „Ist die Intensität aber wesentlich stärker, kann man damit auch Gewebe abtöten - zum Beispiel bei der Behandlung von Prostata-Krebs“, sagt Jenderka.
Ist die Intensität des Ultraschalls zu hoch, bestehe die Gefahr, dass sich bei Föten das Gewebe erwärmt. Das könne auch die Entwicklung des Gehirns beeinträchtigen. „Beim diagnostischen Einsatz des Ultraschalls während der Schwangerschaft ist das aber ausgeschlossen, wenn die Geräte bestimmungsgemäß eingesetzt und richtig bedient werden - und das ist bei Ärzten der Fall“, ist sich der Wissenschaftler sicher. Die Mediziner durchliefen ein Ausbildungsprogramm an den Ultraschallgeräten, erst danach werde eine Diagnose mit Hilfe von Ultraschall von den gesetzlichen Krankenkassen bezahlt.
„Wir lehnen den Einsatz von Ultraschall für nicht-medizinische Dinge entschieden ab“
Von „Baby-TV“ halten Jenderka und die Fachleute bei der Degum nichts. „Wir lehnen den Einsatz von Ultraschall für nicht-medizinische Dinge entschieden ab“, sagt der Physiker. Ultraschall gehöre in die Hände von Fachleuten. Bei Laien bestehe dagegen die Gefahr, dass sie die Geräte falsch bedienen und es im Extremfall sogar zu einer Schädigung des Fötus kommen könne. Außerdem könnten sie nicht beurteilen, was sie in den Ultraschallaufnahmen sehen. Fehlentwicklungen könnten übersehen oder falsche „Diagnosen“ gestellt werden. „Unter Umständen kommt es zur Verunsicherung der Schwangeren und sie suchen dann völlig unnötig den Arzt auf“, betont Jenderka.
Irritiert nehmen er und seine Kollegen eine neue Entwicklung wahr. Fettleibigen Menschen werde zunehmend angeboten, Fett mit Hilfe von Ultraschall zu beseitigen. Das sei technisch möglich, gefährde aber die Gesundheit, sagt Jenderka. „Wir lehnen so etwas absolut ab.“ (mz)