Südlicher Saalekreis Südlicher Saalekreis: Chemieregion auf dem Pulverfass

Merseburg - Im Büro von Torsten Kresse in Magdeburg, Einsatzleiter beim Kampfmittelbeseitigungsdienst, hängt die Kampfmittelbelastungskarte für Sachsen-Anhalt. Die Region Merseburg ist ein riesiger roter Fleck - und wird es lange bleiben. „Die Bomben werden noch Generationen überleben“, sagt Axel Vösterling, Sprecher im Technischen Polizeiamt. Und er warnt: „Die Blindgänger werden mit der Zeit immer gefährlicher, weil etwa die Zünder verroten, Sprengstoff hingegen nicht.“
Der heiße Herbst mit vier Blindgänger-Funden im südlichen Saalekreis gehört für Menschen wie Behörden fast zum Alltag, wenn auch nicht in dieser geballten Form der vergangenen Tage. Seit 1992 wurden in Merseburg, Leuna und im Geiseltal 160 Bomben, Luftminen und 55 000 Granaten gefunden. Es sind die gefährlichen Reste der massiven Bombardierungen, die die Alliierten gegen Ende des Zweiten Weltkriegs gegen Chemiebetriebe flogen.
Die meisten Blindgänger, die gefunden wurden, konnten entschärft werden oder wurden kontrolliert gesprengt. „Dass Menschen dabei nicht zu Schaden kamen, ist das wichtigste. Deshalb wird an der Sicherheit auch nicht gerüttelt. Routine darf nie zu Leichtsinn werden“, sagt Jörg Heinze, Ordnungsamtsleiter in der Kreisverwaltung.
Situation ist tückisch
Doch die Situation ist tückisch. Erst im Juni dieses Jahres hatte ein zwölfjähriger Junge beim Spielen an einem alten Saalearm in Leuna eine scharfe russische Panzermine gefunden und mit sich herumgetragen. „Das Kind hatte einen Schutzengel. Eine etwas stärkere Erschütterung hätte die Mine zur Detonation gebracht“, sagte damals Sprengmeister Thilo Pierau. Der Zünder war vergammelt, der Sprengstoff offen zu sehen.
„Um das Risiko zu minimieren, darf auf 90 Prozent der Fläche des Kreises nur gebaut werden, wenn der Boden nach Blindgängern oder Munition abgesucht worden ist“, erklärt Amtsleiter Heinze. Unklar ist, ob das auch für die Sportler in Bad Dürrenberg gegolten hat - und ob sie eine Genehmigung gebraucht hätten. Zumindest hatten sie, betont Vösterling, später richtig gehandelt. „Sie haben den verdächtigen Gegenstand gesehen und Hilfe gerufen. So muss es sein.“ (mz)