Stadtrat Merseburg Stadtrat Merseburg : Muss Arko wegen Geldnot sterben?

Merseburg - Arko stammt eigentlich aus Merseburg, lebt seit 2011 aber im Tierheim Burg. In der alten Heimat war er auffällig geworden, hatte offenbar jemanden gebissen. So richtig weiß das heute keiner mehr. Die Attacke machte aus Arko einen gefährlichen Hund. Und da sein Besitzer den Nachweis seiner Eignung als Tierhalter nicht erbringen konnte, hat die Stadt den Bullmastiff zwangsweise in Obhut genommen und nach Burg gebracht. Das Problem: Der Halter kommt für die Tierheim-Kosten nicht auf. Auch alle Vermittlungsbemühungen an neue Besitzer sind gescheitert. Also zahlt Merseburg das Geld. In den vergangenen fünf Jahren haben sich die Kosten auf einen fünfstelligen Euro-Betrag summiert.
Arko könnte Präzedenzfall werden
Angesichts klammer Kassen in Merseburg sorgt dieser Fall für einen brisanten Auftrag, den der Finanzausschuss der Stadtverwaltung auferlegte. Man solle doch prüfen, ob es nicht möglich wäre, Arko einer anderen „Verwertung“ zuzuführen. Oder anders ausgedrückt: Ihn einschläfern zu lassen, um weitere Kosten zu sparen. Sollte sich dafür tatsächlich eine politische Mehrheit finden, wäre das in Merseburg ein Präzedenzfall für vergleichbare Tiere.
10 Euro Kosten pro Tag
Pro Tag kostet die Unterbringung laut Stadt zehn Euro. Das Geld für tierärztliche Dienste übernimmt das Tierheim. „Das ist ein höchst sensibles Thema, dem man sich nicht nur aus finanziellen Gründen nähern darf. Hier spielt die Ethik eine große Rolle“, sagt Ordnungsamtsleiter Folkmar Bothe. Da die Rechtsprechung in Sachsen-Anhalt wie in Deutschland nicht eindeutig sei, habe Oberbürgermeister Jens Bühligen (CDU) eine gutachterliche Stellungnahme in Auftrag gegeben. Ein Entwurf liegt vor, ist allerdings nicht für die Öffentlichkeit bestimmt, wie Bothe betont. Stattdessen wird das Papier vorerst nur Stadträten zur Kenntnis gegeben. In Burg ist man entsetzt. Arko, 2008 geboren, sei der Liebling der Tierpfleger und auch völlig unauffällig. „Sollte die Stadt ihn tatsächlich einschläfern lassen wollen, würden wir auf die Barrikaden gehen“, sagt Tierheim-Mitarbeiterin Astrid Finger der MZ. Stattdessen wünsche man sich, „dass er auf seine alten Tage noch eine Chance bekommt“.
Ordnungsamt: Richter über Leben und Tod?
Das Landesverwaltungsamt in Halle verweist auf das Gesetz über die öffentliche Sicherheit und Ordnung in Sachsen-Anhalt. In Paragraf 47 ist geregelt, dass sichergestellte Hunde unter „bestimmten Voraussetzungen“ getötet werden dürfen. „Allerdings kann so ein Schritt nur die Ultima Ratio sein“, erklärt Behördensprecherin Denise Vopel. „Solange noch eine Chance besteht, eine Unterbringung zu finden, sind Kosten kein vernünftiger Grund zum Töten eines Tieres“, sagt sie.
Ohnehin ist fraglich, ob die Stadträte jemals so eine Entscheidung treffen würden. „Die Brisanz ist so hoch, dass es sicher einen öffentlichen Aufschrei geben wird“, weiß Bothe. Zumal die Stadt bereits Signale von Tierärzten bekommen hat, die es ablehnen würden, den Hund einzuschläfern. „Und ich als Ordnungsamt würde alleine keinesfalls über Leben und Tod eines Tieres bestimmen wollen. So etwas könnte nur eine Ethikkommission tun“, sagt Bothe.
Vier Hundehaltern Haustier entzogen
In den vergangenen Jahren habe Merseburg vier Hundehaltern die Vierbeiner entziehen müssen, weil diese auffällig geworden waren. Alle kamen nach Burg. Einer dieser Hunde konnte vermittelt werden, „was bei diesen Tieren aufgrund der hohen Hürden wie dem Sachkundenachweis nur selten klappt“, so Bothe. Ein Hund sei schon gestorben. Neben Arko lebt noch ein Mischlingshund aus Merseburg im Heim. (mz)