Schaustellertraditionen Schaustellertraditionen: Seit 75 Jahren immer rund herum
Merseburg/MZ. - Zum einen ganz persönliche. Das Karussell mit den Drehgondeln, die einen in Berg- und Talfahrt so richtig durcheinander wirbeln zum Beispiel. Es erinnert an die "Walzerfahrt zum Mond", vor rund 40 Jahren Treffpunkt der Merseburger Jugend. Um zu sehen und gesehen zu werden. Und vor allem, um die damals offiziell noch geächteten Beatles zu hören. Helmut Vogel, der 60-jährige Betreiber einer Losbude und einer Kinder-Autobahn, kann sich daran noch erinnern. Seit 40 Jahren kommt er schon aus Teutschenthal auf die Merseburger Jahrmärkte, war noch auf dem Nulandtplatz mit von der Partie.
Die Jahre, die Vogel nach Merseburg kommt, zählt Thomas Müller, der Betreiber des Riesenrades auf der Insel. Obwohl das 48 Meter hohe Gerät modern ist - Baujahr 1996, made in Holland - ist es auch ein großes Stück interessanter Schaustellergeschichte. Müller, aus Chemnitz stammend, betreibt das Geschäft in der fünften Generation. Und feiert im Mai Jubiläum. Das 75-jährige. 1926 ließ Urgroßvater Emil Müller in Chemnitz sein erstes Riesenrad bauen und aufstellen. Nun, so riesig war es mit seinen 14 Metern Höhe ja nicht. Aber es entzückte die Menschen sicher genau so wie das 48-Meter-Rad heute. Thomas Müller nennt es übrigens Jubilee-Rad. Weil es anlässlich des 70-jährigen Geschäftsjubiläums gebaut worden ist.
Und stolz erzählt er mit einer kurzen Kopfbewegung hinter sich: "Dort in dem Wagen ist das erste Riesenrad, das von 1926. Mit dem bin ich zum Osterfest in ein paar Tagen am Kulkwitzsee bei Leipzig." Die Feier zum 75-Jährigen im Mai findet übrigens zusammen mit Vater Horst (78) und Mutter Erika (73) statt. "Die beiden sind übrigens mit meinem zweiten Riesenrad, dem 38 Meter hohen Europarad, gerade auf der halleschen Peißnitzinsel", erzählt Sohn Thomas stolz. Na ja, das stecke eben so im Blut, sagt er. Und es klingt fast entschuldigend dafür, dass seine Eltern immer noch dieses nicht eben leichte Leben im Wohnwagen auf sich nehmen. Aber ihnen mache das nach wie vor Spaß, versichert der Herr über vier Mitarbeiter, acht Transporter und zehn Wagen. "Auch wenn's manchmal schon ziemlich weh tut, wenn nur ein paar wenige Gondeln über die ganze Öffnungszeit besetzt sind", sagt der Schausteller. Die Kosten bleiben die selben, ob zwei oder hundert Leute mit seinem Riesenrad fahren. Dennoch liebt er dieses Leben. "Damit bin ich groß geworden, und viele kennen einen schon lange."