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Saalekreis Saalekreis: Schulden für die Straße?

Von ELKE JÄGER 30.08.2011, 16:48

BAD LAUCHSTÄDT/MZ. - Im Bad Lauchstädter Ortsteil Großgräfendorf brennt die Luft. Unter den Anwohnern der Rosen-, der Pfarr- und der Schäfergasse haben sich Unruhe und Verunsicherung ausgebreitet. Grund: Der Abwasserzweckverband (AZV) Merseburg will die Gebäude in den drei Straßen ans Abwassernetz anschließen.

Diese Gelegenheit möchte die Stadt nutzen und im Abschluss gleich die Straßen ausbauen. Das wiederum bedeutet für die Bürger eine doppelte finanzielle Bürde: Sie müssten nicht nur die Kosten für den Hauswasseranschluss tragen sondern zusätzlich einen Beitrag für Straßenausbau berappen. Wie hoch der jeweilige Anteil ist, hängt von der Grundstücksgröße ab - und da liegt der Hase im Pfeffer.

"Wir sind hier im Dorf und haben alle ziemlich große Grundstücke", ereifert sich Hildegard Swiatek. Ihr Elternhaus, in dem die 59-Jährige mit ihrer Familie lebt, steht auf einer Fläche von rund 5000 Quadratmeter und grenzt an die Rosengasse. Mindestens 14 000 Euro, so die grobe Schätzung, würde sie der Straßenausbau kosten. Ihren Nachbarinnen Hildegard Grauert (77) und Hildegard Stein (84) geht es ähnlich - und dagegen wehren sie sich. Insgesamt 17 Familien sowie die Evangelische Kirche haben in einem Schreiben an die Stadt Mitte Juli ihre Ablehnung bekundet. Nun legten sie nach und wandten sich mit einem Offenen Brief an die Stadträte. Immerhin steht das Projekt auf der Sitzung am Donnerstag zur Abstimmung.

Die Mehrheit der Anlieger will den Straßenbau nicht. "Sollen wir nur für eine Straße hohe Schulden machen?", fragt Kerstin Kaufmann verzweifelt. Vor acht Jahren hat ihre Familie ein rund 1500 Quadratmeter großes Grundstück gekauft, für das Haus Kredite aufgenommen. Der Anschlussbeitrag fürs Abwasser war geplant, nicht aber für die Straße. "Wir können uns das einfach nicht leisten!", begründet sie ihre Ablehnung. Dem schließt sich Matthias Gayko an, der für seine Eltern spricht. Sie wohnen in Halle-Neustadt und haben nur ihre Rente. Das ererbte Land, eine ehemalige Gärtnerei, wollten sie längst verkaufen - es sei schwierig, sagt der Sohn. Regelrecht fassungslos aber ist Ekkehard Röder, Vorsitzender des Gemeindekirchenrates. Weil Gotteshaus, Friedhof und Pfarrhaus an der Rosen- und Pfarrgasse liegen, soll die Kirche für Abwasseranschluss und Straßenbau rund 70 000 Euro zahlen. Auf Landwirt Ottmar Dilling (59) kämen insgesamt 60 000 Euro zu. "Unmöglich!", findet er.

Im Rathaus in Bad Lauchstädt wollte man den Bürgern von Großgräfendorf eigentlich entgegenkommen. "Wenn wir Abwasser und Straßenbau als Gemeinschaftsmaßnahme mit dem AZV angehen, wird es für die Anlieger günstiger", argumentiert Fachamtsleiter Marco Grellert. Der AZV müsste die Straßendecke wiederherstellen wie sie war - oder einen Teil der Kosten für den Ausbau tragen. Eine Entscheidung für oder gegen das Projekt trifft der Stadtrat.

Bei der Bürgeranhörung hatten sich, so Grellert, von den 22 Anliegern der Rosengasse zehn für und zwölf gegen den Straßenausbau entschieden. In der Pfarr-und Schäfergasse waren sechs dafür, 17 dagegen, drei antworteten nicht. Bürgermeisterin Ilse Niewiadoma (FDP) erhofft sich vom Bauausschuss am Mittwoch noch einige Antworten. Zum Beispiel, ob es eine preiswertere Variante gebe. Soviel Aufregung wie in Großgräfendorf hat bisher kein Straßenbauvorhaben verursacht, meint sie. Ablehnung seitens der Bürger habe es schon gegeben. Weil sich die Anwohner des Feldgrabens in Bad Lauchstädt gegen den Ausbau aussprachen, blieb die Straße wie sie war.