Sorge vor Scheinselbstständigkeit Saalekreis nimmt alle Musiklehrer fest unter Vertrag
Honorarkräfte stellen bisher die Mehrheit unter den Lehrer der drei Musikschulstandorte Merseburg, Querfurt und Halle. Doch nach einem Gerichtsurteil fürchtet der Saalekreis, dass diese künftig als scheinselbstständig gelten können. Deswegen nimmt er nun alle fest unter Vertrag.

Es sei eine positive Entwicklung, denn sie bringe den Mitarbeitern mehr Sicherheit, urteilt Annegret Voß, Leiterin der Kreismusikschule des Saalekreises. Dessen Kreistag hatte zuletzt entschieden, dass zum 1. April bisherige freie Honorarkräfte fest angestellt werden. Ein Wunsch, den Voß schon im vergangenen Jahr im Zuge der Diskussion um die Erhöhung der Beiträge für die Musikschulen geäußert hatte – mit dem Argument, dass man so die eigenen Musiklehrer besser an sich binden und Fluktuation beschränken könne.
Dass die Verwaltung nun allerdings vorschlug, allen 64 Honorarkräften an den drei Musikschulstandorten Halle, Merseburg und Querfurt feste Verträge anzubieten, hatte einen anderen Grund, einen juristischen: das Herrenberg-Urteil. In der Stadt in Baden-Württemberg gibt es ebenfalls eine Musikschule. Deren Fall landete vor dem Bundessozialgericht. Das urteilte, dass nicht der Vertrag, sondern der reale Arbeitsalltag darüber entscheide, ob eine Scheinselbstständigkeit bei Honorarkräften vorliegt. Ein Knackpunkt hierbei: die feste Einteilung in die Zeitpläne der Musikschulen.
„Schnellstmögliche“ Einstellung
Das Rechtsamt des Saalekreises kam daher zur Einschätzung, dass auch die eigenen Honorarkräfte „schnellstmöglich“ fest angestellt werden müssten, um etwaigen Nachforderungen und Bußgeldern der Deutschen Rentenversicherung zu entgehen. Diesem Ansinnen kam der Kreistag einstimmig nach. „Mehr Lehrer braucht das Land. Und wenn wir dazu beitragen können, sollten wir das tun“, hob dort FDP-Fraktionschef Peter Kunert eher den Aspekt Fachkräftesicherung hervor. SPD-Vertreter Günter Sachse stellte in seiner Äußerung vor allem die Vorteile fester Beschäftigungsverhältnisse für die Lehrkräfte heraus: „Sie haben ein festgelegtes Gehalt, egal ob sie krank oder gesund sind.“
Derzeit, so erklärt Voß, würden die Honorarkräfte nämlich weder bei eigener Erkrankung noch bei einer Absage des Unterrichts durch den Musikschüler Geld erhalten. Die Umwandlung ihrer Arbeitsverhältnisse bedeutet nun allerdings nicht, dass beim Kreis schlagartig 64 neue Vollzeitstellen entstehen. Ein Großteil der Honorarkräfte hat bisher noch Lehraufträge an anderen Schulen oder ist als freie Musiker oder in Orchestern unterwegs. Deshalb wächst der Stellenplan des Kreises nur um 15,5 Vollzeitstellen.
Damit verbunden sind dennoch höhere Ausgaben. Statt bisher 600.000 Euro für die Honorarverträge werden die zunächst bis Ende 2025 befristeten Festanstellungen 900.000 Euro im Jahr kosten. Die Mehrausgaben reduzieren sich für den Kreis de facto etwas, weil er dank der größeren Zahl von Festangestellten mit um 100.000 Euro höheren Zuschüssen vom Land rechnet.