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Saalekreis Saalekreis: «Es waren bittere Tage»

Von DIANA DÜNSCHEL 30.05.2011, 16:21
Schüler der Bad Dürrenberger Borlach-Sekundarschule sowie junge Leute aus der Ukraine und aus Russland legten Montag nach der Verlegung des neuen Stolpersteins gelbe Nelken nieder. (FOTO: NADINE STENZEL)
Schüler der Bad Dürrenberger Borlach-Sekundarschule sowie junge Leute aus der Ukraine und aus Russland legten Montag nach der Verlegung des neuen Stolpersteins gelbe Nelken nieder. (FOTO: NADINE STENZEL) CARDO

BAD DÜRRENBERG/MZ. - Über das Leben von David Abraham Berger ist nicht viel bekannt. Er wurde im Jahr 1896 geboren, wohnte im Lönsweg 3 in Bad Dürrenberg zur Miete. 1936 registrierte ihn das Einwohnermeldeamt der Salinestadt als Vertreter.

Und David Abraham Berger war Jude. Deshalb wurde er schließlich 1939 verhaftet, ins Lager Zbaszyn in Polen deportiert und dort 1943 ermordet.

Doch sein Schicksal bleibt unvergessen. Dafür sorgt ein Stolperstein, der Montag vor seiner ehemaligen Wohnung verlegt wurde. Initiator der Aktion war die Geschichtswerkstatt Merseburg, die zum Mehrgenerationenhaus am Roßmarkt gehört. Ihre Mitglieder hatten in der Vergangenheit schon dafür gesorgt, dass vier solcher Stolpersteine als Mahnung und Erinnerung an die Opfer der Nationalsozialisten in der Domstadt verlegt wurden. Nun konnten sie die Aktion auch nach Bad Dürrenberg ausweiten.

Die Ordnungsamtsleiterin der Stadt, Elke Eckardt, betonte, sie sei stolz und dankbar dafür und hoffe, dass dieser Stolperstein nicht der letzte der Salinestadt sein werde. Die Leitung der Borlach-Sekundarschule habe sich bereit erklärt, weiter zu dem Thema zu recherchieren, war von ihr zu erfahren. "Denn man muss sich mit diesem traurigen Kapitel der Geschichte auseinander setzen", betonte Elke Eckardt.

In der Leuwo Leuna-Wohnungsgesellschaft mbH fand die Geschichtswerkstatt bei ihrem Projekt sofort Unterstützung. Sie gab ihr Einverständnis, dass der Stolperstein auf dem Gelände der Wohnungsgesellschaft verlegt werden kann. "Es freut mich, dass auch in Bad Dürrenberg damit begonnen wird, Geschichte aufzuarbeiten", sagte Geschäftsführer Günther Markgraf. Er wusste auch zu berichten, dass einst ein Jude die Siedlung gründete, in der sich der Lönsweg befindet. Mit dem 89-jährigen Günther Uhlemann war auch ein Zeitzeuge jener Jahre der Nazi-Diktatur zur Veranstaltung gekommen. Er lebe seit 1941 in Bad Dürrenberg und habe noch Erinnerungen an die ersten Juden-Verfolgungen, berichtete der Senior. Sein Vater, der bei einem Juden beschäftigt war, habe dann seine Arbeit verloren. "Es waren bittere Tage damals, auch für meine Familie. Man muss alles dafür tun, das Gedenken daran in Ehren zu halten", sagte er.

Mit vor Ort waren Montag zudem russische und ukrainische Delegationen, die gerade auf Einladung der Geschichtswerkstatt zu einer "Woche der Erinnerung" in Deutschland sind, um die Historie aufzuarbeiten. Vertreter aus der Ukraine berichteten, dass sie in ihrem Land ebenfalls diese Stolpersteine kennen, die bei ihnen "Steine der Erinnerung" genannt werden. Aus ihrer Region seien während des Zweiten Weltkriegs allein rund 6 500 Menschen zur Zwangsarbeit nach Deutschland deportiert worden. Nur 2 300 kehrten zurück. Nun gehe es ihnen darum, die Freundschaft zwischen den beiden Ländern zu stärken und den Frieden zu bewahren.

"Wir werden Dienstag noch an einem anderen Wohnhaus eines ermordeten Bad Dürrenberger Juden in der Gartenstraße ein Gebinde niederlegen", berichtete Peter Wetzel von der Geschichtswerkstatt. Leider habe die heute in Amsterdam lebende Familie des Opfers das Verlegen eines Stolpersteins auf diesem Grundstück abgelehnt.

Die Fortsetzung der Aktion ist bereits geplant. Noch 2011 sollen fünf in Merseburg und weitere in Querfurt, Oberschmon und Leuna verlegt werden.