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Qualvoller Tauben-Tod? Qualvoller Tauben-Tod?: Das sagt ein Anwalt zu den Nabu-Vorwürfen gegen Merseburg

Von Undine Freyberg 14.11.2017, 10:26
Abwehrspikes und andere Flächen wurden mit einer Paste bestrichen. Davon verkleben angeblich die Federn der Tauben, sagt der Nabu.
Abwehrspikes und andere Flächen wurden mit einer Paste bestrichen. Davon verkleben angeblich die Federn der Tauben, sagt der Nabu. NABU/K. Peterlein

Merseburg - Die Fotos, die Karsten Peterlein vom Naturschutzbund (Nabu)/Regionalverband Leipzig seiner Anzeige gegen die Stadt Merseburg beigefügt hat, zeigen Tiere, die hinter Metallspießern unter dem Dach des Busbahnhofs sitzen. Auch eine durch einen Bus zermalmte Taube ist zu sehen. Der Platz dieses Grauens? Der Merseburger Busbahnhof.

Der Vorwurf des Nabu: Die Stadt Merseburg verstößt durch den Einsatz einer Klebepaste gegen das Tierschutzgesetz, um die Taubenplage in den Griff zu kriegen. „Hiernach dürfen zum Fernhalten von Wirbeltieren keine Stoffe angewendet werden, wenn damit die Gefahr vermeidbarer Schmerzen, Leiden oder Schäden für die Tiere verbunden ist“, schreibt Peterlein in seiner Anzeige, die er an das Polizeirevier Saalekreis gerichtet hat und die der MZ vorliegt.

Nabu: „Die Tiere erleiden einen qualvollen Tod“

„Die Tiere erleiden einen qualvollen Tod“, behauptet er. Denn die Paste verteile sich im Gefieder und mache die Tiere flugunfähig. Dadurch würden sie verhungern, weil sie ihre Nahrungsplätze nicht mehr erreichen.

„Nopaloma“, so der Name des Mittels, ist laut Herstellerangabe ein sofort wirksamer und hocheffektiver Tauben-Schutz. Auf den behandelten Flächen fühlen sich die Tauben nicht wohl, fliegen angeblich sofort weg und kommen nicht wieder. „Nopaloma“ sei transparent und beeinträchtige nicht das optische Erscheinungsbild von Gebäuden. Vor allem sei das Mittel nicht giftig. Nach Einschätzung des Nabu wird das Mittel bundesweit eingesetzt.

Oberbürgermeister von Merseburg: Paste wird eingesetzt, um Tauben fernzuhalten

„Wir standen in Kontakt mit der Naturschutzbehörde des Landkreises“, sagte Oberbürgermeister Jens Bühligen (CDU) zum Vorgehen der Stadt. Man setze die Paste ein, um die Tiere von Orten fernzuhalten, an denen viele Menschen zusammenkommen. Es habe zuvor Abwägungen gegeben und die seien zugunsten der Menschen entschieden worden. Um alles richtig zu machen, bediene sich die Stadt auch eines Anwalts, der sich in diesen Fragen besonders gut auskenne.

MZ sprach mit David Dvořák, Fachanwalt für Verwaltungsrecht aus Halle, der sich auf Tierschutzrecht spezialisiert hat. „Die Fotos, die der Anzeige beigefügt wurden, halte ich für Effekthascherei“, sagte er. „Da wird behauptet, die Tiere hätten verklebte Flügel, davon ist aber nichts zu erkennen.“

Fachanwalt: Vorwurf der Tierquälerei ist kein Pappenstiel

Außerdem komme es schon mal vor, dass eine Taube überfahren wird. Das müsse nichts mit dem verwendeten Mittel zu tun haben. „Vom Nabu wird einfach behauptet, dass das Mittel klebt. Allerdings stimmt das nicht. Wenn es richtig aufgetragen und wie vom Hersteller beschrieben mit Quarzsand bestreut wird, kann das nicht sein.“

Warum hätte die Stadt Merseburg es nicht ordentlich verwenden sollen, fragt er. „Der Vorwurf der Tierquälerei ist kein Pappenstiel, und natürlich wird so etwas in Merseburg nicht gemacht“, betont er. Er selbst sei übrigens grundsätzlich der Meinung, dass mit Tieren ordentlich umgegangen werden muss.

Nabu: Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren für Tierquälerei

Karsten Peterlein vom Nabu weist in seiner Anzeige daraufhin, dass laut Tierschutzgesetz eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren oder eine Geldstrafe drohe, falls jemand ein Wirbeltier ohne vernünftigen Grund tötet oder ihm Schmerzen zufügt.

Rechtsanwalt David Dvořák ist überzeugt, dass sich die Stadt hier nichts vorzuwerfen habe. „Außerdem - wenn das Mittel tatsächlich kleben würde - warum sollte man dann so ein teures Mittel kaufen. Da gebe es doch preiswertere Alternativen.“ (mz)