Psychosomatisch auffällige Kinder Psychosomatisch auffällige Kinder: Kleine Patienten finden Hilfe im Carl-von-Basedow-Klinikum Merseburg

Merseburg - Bauch- oder Kopfschmerzen, oder ständige Übelkeit - die Symptome, die die kleinen Patienten der neuen Station im Carl-von-Basedow-Klinikum aufweisen, klingen eigentlich harmlos, sind in den meisten Fällen aber nur die Spitze des Eisbergs. Denn ziemlich oft sind sie nur ein Hinweis des Körpers auf psychische Probleme. „Mobbing in der Schule, ein traumatisches Erlebnis oder psychisch belastende Grunderkrankungen wie Diabetes können die Wechselwirkung zwischen Körper und Psyche aus dem Gleichgewicht bringen“, erklärt der Chefarzt der Kinderstation des Merseburger Klinikums, Axel Schobeß.
Die Folge sind sogenannte psychosomatische Erkrankungen, also körperliche Beschwerden, die von psychischen Problemen herrühren. Als erstes Krankenhaus in ganz Sachsen-Anhalt bietet das Merseburger Klinikum seit einem Monat für diese Erkrankungen eine stationäre Behandlung an - in der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin und nicht wie bislang vielerorts üblich im Bereich der Psychiatrie. „So wird die Hemmschwelle, sich an uns zu wenden, deutlich gesenkt“, glaubt Schobeß. Zudem wird seit längerem eine ambulante Behandlung im Medizinischen Versorgungszentrum im Säulenhaus geboten.
Problembewältigung durch verschiedene Therapieansätze
Vier Zimmer mit insgesamt acht Betten werden für die Psychosomatik zunächst vorgehalten - betreut vom Personal, das sich auch um die Patienten auf der Kinderstation kümmert. Kinder und Jugendliche im Alter von 3 bis 16 Jahren sollen dank verschiedener Therapieansätze lernen, mit ihren Problemen umzugehen, so dass auch die körperlichen Beschwerden verschwinden. „In die mehrwöchige Therapie werden auch die Eltern mit einbezogen“, erklärt Psychologin Freyja Voigt. Denn immer wieder wird deutlich, dass auch das familiäre Umfeld ein Auslöser für psychosomatische Probleme sein kann.
„Aber auch der Leistungsdruck in Gesellschaft und Schule oder der Zerfall von Familienstrukturen lassen die Fallzahlen meiner Meinung nach immer weiter steigen“, ergänzt Schobeß. Der Bedarf für eine solche Klinik ist also da - zumal die nächsten vergleichbaren Einrichtungen Hunderte Kilometer entfernt im sächsischen Aue oder in Weimar in Thüringen zu finden sind.
Ärzte-Marathon
Für die Betroffenen soll die Behandlung in Merseburg eine Erlösung sein. Denn auf der Suche nach der Ursache für die körperlichen Beschwerden haben viele der kleinen Patienten bereits einen Ärzte-Marathon durchlebt. Fündig wurden Allgemeinmediziner und Spezialisten dabei jedoch nicht.
„Wir versuchen den Kindern mit Verhaltens- und Ergotherapie zu helfen“, erklärt Psychologin Voigt. So sollen nach und nach auch die körperlichen Beschwerden abklingen. Während der mehrwöchigen Therapie werden die Kinder zudem von einem Lehrer unterrichtet, um nicht den Anschluss zu verlieren. „Viele Betroffene haben schulische Probleme oder sind Sitzenbleiber, weil sie aufgrund der Erkrankung viele Fehlzeiten haben“, erklärt Voigt. (mz)