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Protest gegen Neonazis in Merseburg Protest gegen Neonazis in Merseburg: Drei verletzte Beamte, Polizei zieht trotzdem positives Fazit

Von Michael Bertram und Felix Knothe 19.06.2015, 17:01
Sitzblockade gegen Rechte Demonstration in Merseburg
Sitzblockade gegen Rechte Demonstration in Merseburg Michael Bertram Lizenz

Merseburg - In Merseburg hat sich am Samstag ein breites Bündnis aus Politik, Kirchen und Gesellschaft erfolgreich gegen zwei Aufmärsche von rund 200 Neonazis zur Wehr gesetzt. Die Polizei zog ein positives Zwischenfazit. Wie ein Sprecher auf MZ-Anfrage sagte, blieb es weitestgehend friedlich. Bei Auseinandersetzungen wurden drei Beamte leicht verletzt.

Darüber hinaus musste die Polizei mehrere Strafanzeigen aufnehmen. Hierbei handelt es sich um Verstöße gegen das Versammlungs- und Waffengesetz, das Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen, Körperverletzungen und Beleidigungen.

Unter dem Motto „Merseburg stellt sich quer. Gegen Nazis!“ hatte das Merseburger Bündnis gegen Rechts sowie weitere Initiativen an mehreren Orten in der Stadt Kundgebungen, Familienfeste, Gebete und Mahnwachen für Opfer rechter Gewalt durchgeführt. Mit dem Bahnhofsvorplatz geriet der eigentlich zentrale Ort des  Protests gleich zum Auftakt gegen 11 Uhr zum Nebenschauplatz.

Zu diesem Zeitpunkt war durchgesickert, dass die Rechtsextremen auf zwei Routen durch die Stadt zum Markt marschieren wollten, um sich dort für eine Kundgebung zu vereinen. Geplante Reden wurden kurzfristig abgesagt, an deren Stelle der Gegenprotest an verschiedenen Punkten in der Stadt organisiert.

Sitzblockade zwingt zum Stopp

Das erste Mal waren die Gegendemonstranten dabei  in einer der wichtigsten Straßen der Domstadt erfolgreich. Nachdem sich mehrere Dutzend Rechtsextreme Parolen grölend in Richtung Gotthardstraße in Bewegung gesetzt hatten, meldete das Bündnis gegen Rechts eine Spontandemo an, die vom Landkreis als Versammlungsbehörde auch genehmigt wurde.

Mit Hilfe einer Sitzblockade zwangen die Demonstranten die Rechten zum Stopp. Die Neonazis waren zum Rückzug gezwungen, steckten anschließend auf der Kliaplatte fest. Die angeblich geplante Ausweichroute durch die Sixti-Straße kam nicht durch.

Erfolgreicher war da der zweite rechte Aufzug, der zwar kurzzeitig im Bereich Hälterstraße zum Stopp gezwungen wurde, dann aber durch die Dom- und Burgstraße bis zur Ölgrube marschieren konnte. Im letzten Moment gelang es den Gegendemonstranten aber auch hier, zu verhindern, dass die Rechten ihr eigentliches Ziel, den Marktplatz, erreichen.

Sie bildeten eine Menschenkette und blockierten den zentralen Platz. Aus Protest gegen den rechten Aufmarsch und die rechten Parolen läuteten die Glocken der Merseburger Stadtkirche fast eine Stunde lang. Gleichzeitig dröhnte laute Musik aus riesigen Boxen, die auf dem Balkon des Bürgerhauses auf dem Markt standen. Versuche des Landkreises und der Polizei, in das Gebäude zu gelangen, um die Musik abzustellen, misslangen.

Großaufgebot der Polizei im Einsatz

Frustriert zogen sich die Rechtsextremen wie schon die zweite Gruppe auf der Kliaplatte in Richtung Bahnhof zurück, um wieder die Heimfahrt anzutreten. Die Teilnehmer waren unter anderem aus Bitterfeld, Wittenberg, Halle und Dessau angereist.

Um gewaltsame Zusammenstöße zu verhindern, war ein Großaufgebot der Polizei im Einsatz.

400 Beamte sicherten die Veranstaltungen ab. Die Polizei begann zunächst nervös, griff gleich zum Auftakt zum Pfefferspray, um Gegendemonstranten vom Angriff auf die Rechten abzuhalten. Bei späteren Konfrontationen griffen die Beamten ebenfalls hart durch. Mehrere Personen auf beiden Seiten wurden abgeführt. In einer Situation kam es zudem zu gewaltsamen Übergriffen Rechter auf die Polizei, die schnell unterbunden werden konnten.

Obwohl sich das Geschehen auf ein weites Gebiet der Stadt verlagerte und Blockaden so schwierig wurden, wertete das Bündnis den Protest gegen Rechts auch in diesem Jahr als Erfolg. Allerdings kritisierte der Grünen-Landtagsabgeordnete Sebastian Striegel, dass es weniger die Merseburger selbst, sondern erst viele junge Leute aus Halle und Leipzig gewesen wären, die die Domstadt gegen Rechts verteidigt hätten. (mz)

Plakat eines Demonstranten in Merseburg
Plakat eines Demonstranten in Merseburg
Michael Bertram Lizenz
Festnahme der Polizei
Festnahme der Polizei
Michael Bertram Lizenz