Porträt Porträt: Mit 90 noch zwei Stufen auf einmal
Bad Dürrenberg/MZ. - Nicht weniger kraftvoll ist noch immer das Erinnerungsvermögen des gebürtigen Coswigers. Obwohl sein Vater Konditoren- und Pralinenmeister war, zog es den Sohn nach dem Schulabschluss zur Drogistenfachschule nach Leipzig. "Eine sehr gute Ausbildung habe ich dort erhalten. Wir erfuhren zum Beispiel zu Kräutern nicht nur, wofür sie gut sind, sondern was sie für Wirkstoffe haben. So wusste man, wie Kräuter zu kombinieren sind, um bestimmte Wirkungen zu erzielen", erzählt er der MZ begeistert. Bis 1935 arbeitete er in einer Drogerie in Bad Dürrenberg.
Als er sich ein Jahr später selbstständig machen wollte, wurde er zum Militärdienst nach Dresden eingezogen. Kurz zuvor noch hatte er seine Frau kennen gelernt.
Deren Vater, Inhaber eines Kolonialwarenladens im jetzigen Wohnhaus am Apothekerberg, starb plötzlich. Das Militär hatte ein Einsehen, und der Drogist durfte nach Hause, um den Laden zu übernehmen. In Abstimmung mit seiner zukünftigen Frau Marianne Sasse, die er 1937 heiratete, und deren Familie wurde aus dem Kolonialwarenhandel 1936 eine Drogerie. Umbauzeit: acht Tage! Dieses Geschäft hatte Arthur Dommaschk bis 1985 inne. Da war er bereits 73.
"Meiner Frau war die ganze Sache schließlich zu viel geworden", erklärt er und betont voll dankbarer Anerkennung, dass es seine vor fünf Jahren leider verstorbene Frau war, die während der ganzen neun Jahre Krieg und Gefangenschaft ihres Mannes das Geschäft über Wasser gehalten und gleichzeitig die drei gemeinsamen Kinder groß gezogen hat. Bis zur Geschäftsaufgabe war die Drogerie ein fester Bestandteil nicht nur der Dürrenberger Geschichte geworden, sondern für die Kunden gerade in den DDR-Mangelzeiten eine zuverlässige Adresse. Kleine Unternehmen bekamen dringend benötigte Chemikalien ebenso wie Hobbyfotografen, und sogar Fotopapier. Beides waren oft Raritäten. Dommaschk hatte sie, wie er auch sehr früh ein Farblabor einrichtete und die Kunden ihre farbigen Urlaubsfotos dort entwickeln und abziehen lassen konnten. Und das innerhalb kürzester Zeit.
Bei dem Drogisten gab''s eben Sachen, die es eigentlich nur schlecht oder gar nicht gab. Schon nach dem Krieg schleppten er und seine Frau zunächst per Zug aus Leipzig ran, was die Leute so brauchten. Später dann nicht minder abenteuerlich mit einem klapprigen Auto, das unterwegs nicht ausgehen durfte.
Vielleicht, um all diese Mühen für die Kundschaft zu verdeutlichen, die jeder verdiente Pfennig verlangte, waren in der Drogerie alle Preise in Pfennigbeträgen ausgewiesen. Es gab also nichts für 2,30 Mark, sondern für 230 Pfennige. Das hat sich vielen einstigen Kunden bis heute eingeprägt. Viele konnten ohne die Drogerie Dommaschk nicht leben. "Ich könnte ohne Bad Dürrenberg nicht leben", sagte der Drogist a.D.. Wohl nicht nur, weil ihn beim Spaziergang durch die Stadt immer noch viele nach dem Befinden fragen, sondern sicherlich auch wegen des Kegelns, dem der sportliche 90er fröhnt, seit dem er nach dem Krieg mit Sportfreunden die Kurhaus-Kegelbahn wieder flott gemacht hat.