Porträt Porträt: Bäcker könnte auch Autos reparieren
schraplau/MZ. - Ein Bäckermeister, der auch am Auto professionell schrauben könnte? So ein Mann hat ganz sicher Seltenheitswert. Aber wer sucht, der findet ihn. In Schraplau nämlich. Dort steht der 43-jährige Thomas Pfeiffer in der Backstube der ehemaligen Bäckerei Hildebrandt, die ihm seit einiger Zeit gehört und deren Namen er beibehalten hat "wegen der Tradition und des Bekanntheitsgrades".
Nachdem Thomas Pfeiffer, der aus Esperstedt stammt, die 10. Klasse abgeschlossen hatte, machte er in Eisleben eine Lehre zum Kfz-Mechaniker. Noch zu DDR-Zeiten wurde er eingezogen, diente in der Volksarmee, lernte aber auch noch die Bundeswehr kennen. "Danach habe ich aber nicht in meinem Beruf gearbeitet. Ich war als Fernmeldemonteur unterwegs", schildert er seine ersten beruflichen Schritte, die privat in den Armen einer Bäckerstochter aus Schraplau endeten. Und wie das Leben so spielt - er stieg als Ungelernter in die Backstube des Schwiegervaters ein. "Learning by Doing", so würde man es neudeutsch heute wohl nennen. Und er fand Gefallen an diesem Beruf. "Einzig das sehr frühe Aufstehen hat mich anfangs gestört, aber daran gewöhnt man sich", erzählt er. Die Liebe zu seinem neuen Beruf wuchs, die zwischen den Eheleuten Pfeiffer indes zerbrach. Doch trotz Scheidung hielt er der Backstube seiner nun Ex-Schwiegereltern die Treue. Und als Meister Hildebrandt starb, holte er sich von der Handwerkskammer eine Ausnahmegenehmigung zur Ausübung des Berufes. Er konnte eine mehr als zehnjährige Tätigkeit in der Bäckerei nachweisen, machte eine Sach- und Fachkundeprüfung und begann berufsbegleitend die Meisterausbildung. Die zog sich hin, weil beim ersten Anlauf zu wenige Bewerber da waren. Doch seit drei Wochen hat er nun seinen Titel und damit den Eintrag in die Handwerksrolle. "Es war eine schwere Zeit, aber jetzt bin ich stolz auf das Erreichte, auf meine Selbstständigkeit", schmunzelt der Bäckermeister, der inzwischen wieder eine Lebensgefährtin an seiner Seite hat.
In der Backstube steht Pfeiffer aber alleine. "Ein Geselle? Das würde sich nicht mehr rechnen. So komme ich gut über die Runden, auch wenn die Zutaten für das Bäckerhandwerk immer teurer werden. Dafür spare ich aber die Miete und kann die Preise noch einigermaßen erschwinglich halten für meine Kunden", so Pfeiffer. Zwei Verkäuferinnen sind im Laden angestellt, ein Fahrer ist mit der mobilen Verkaufsstelle in der Umgebung unterwegs. Und nach wie vor heißt es früh aufstehen für den Meister. Schon um Mitternacht brennt in der Backstube Licht. Manchmal sogar eher, wenn er nämlich den Sauerteig ansetzt, der seinen Broten das "gewisse Etwas" verleiht. Sieben Sorten Brot backt er in seinem Ringrohrofen, der mit 22 Millimeter dicken Steinplatten ausgelegt ist, was wiederum eine sehr ruhige Backphase garantiert. 120 Brote sind es täglich, die über den Ladentisch gehen. Am Wochenende etwas mehr. 1 000 Brötchen werden in der Woche und etwa 2 500 am Samstag verkauft. "Samstags bieten wir auch einen Lieferservice. Mein Vater fährt dann zwischen 6 und 8 Uhr früh die Bestellungen direkt zu etwa 90 Kunden, hängt die Beutel mit Brötchen und Brot an die Haustüren", schildert Thomas Pfeiffer.
Der kennt sich natürlich auch aus mit Kuchen und Torten. Die Schraplauer lieben besonders seinen Sulfkuchen, eine Art Eierschecke, den es nur in der Gegend gibt. "Ich experimentiere hin und wieder, aber hier auf dem Land kaufen die Menschen lieber das, was sie gut kennen." Streuselschnecken sind da auch ein Renner.