Notaufnahme nur für akute Fälle? Notaufnahmen im Saalekreis nur für akute Fälle?: Klinikum rechnet mit Patienten-Unmut

Merseburg - Patienten mit weniger schweren Erkrankungen müssen sich auch im Saalekreis darauf einstellen, nicht mehr in der Notaufnahme behandelt zu werden. Das sieht eine bundesweite Regelung vor, die seit 1. April in Kraft ist. Demnach gilt auch für das Basedow-Klinikum, dass die Ärzte in der Notfallambulanz tagsüber binnen zwei Minuten entscheiden müssen, ob eine Notfallbehandlung gerechtfertigt ist oder der Patient zu einem Kassenarzt geschickt wird.
Obwohl auch das Carl-von-Basedow-Klinikum in der Vergangenheit mehrfach über eine Überlastung der Notaufnahme klagte, weil viele minderschwere Fälle in die Klinik kamen, sieht man die neue Regelung durchaus kritisch. „Da die Richtlinie noch nicht so lange gilt, können wir nicht abschätzen, wie sie von den Patienten aufgenommen wird“, sagte der Ärztliche Direktor des Krankenhauses, Roland Prondzinsky.
Ärztlicher Direktor des Basedow-Klinikums rechnet mit dem Unmut vieler Patienten, die wieder weggeschickt werden
Er rechnet jedoch mit dem Unmut vieler Patienten, die wieder weggeschickt werden. „Die ohnehin schon angespannte Lage in der Notaufnahme wird sich damit ganz sicher nicht beruhigen.“ Prondzinsky sprach von einem emotionalen Druck, der von renitenten Patienten und deren Angehörigen ausgeht, zum anderen aber auch auf den behandelten Arzt ausgeübt wird, weil er innerhalb kürzester Zeit entscheiden muss, ob er einen Patienten behandelt oder abweist.
Die Schwierigkeit dabei verdeutlicht Prondzinsky mit einem Patienten, der wegen eines Rückenleidens in die Notaufnahme kommt. „Man kann in dieser kurzen Zeit nicht hundertprozentig sagen, ob das etwas Chronisches ist oder vielleicht doch eine Lungenembolie dahintersteckt“, wie der Ärztliche Direktor erklärt. Damit verbunden seien auch haftungsrechtliche Probleme für das Klinikum - Entscheidungen müssen dokumentiert werden und was passiert, wenn ein Patient wenig später doch kollabiert?
Ärzte in der Notaufnahme des Basedow-Klinikums Merseburg setzten bislang voll und ganz auf das sogenannte Manchester-Triage-System
Bislang setzten die Ärzte in der Notaufnahme des Klinikums voll und ganz auf das sogenannte Manchester-Triage-System, um die fast 30.000 Fälle, die jedes Jahr in der Ambulanz behandelt werden, nach Schweregrad zu ordnen. Das standardisierte Verfahren schätzt die Dringlichkeit von Fällen ein. Anhand von 50 Parametern wird ermittelt, innerhalb welcher Zeit die Patienten behandelt werden müssen. Die Spanne reicht von sofort bis maximal zwei Stunden.
Gut ein Drittel der Fälle, so wird geschätzt, sei nicht akut. Sie könnten auch problemlos vom Haus- oder niedergelassenen Facharzt behandelt werden. Dass die Krankenhäuser in ihren Notfallambulanzen nur akute Fälle behandeln sollen, hängt mit der Finanzierung zusammen. Wie eine Studie der Deutschen Krankenhausgesellschaft zeigt, stünden einem Erlös von 32 Euro pro ambulanter Notfall-Behandlung Fallkosten von mehr als 120 Euro gegenüber. Mit Patienten, die nur mal eben schnell ein Rezept oder eine Krankschreibung benötigen, lässt sich die teure Technik nicht gegenfinanzieren. (mz)