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Nach Wegfall der Meisterpflicht Nach Wegfall der Meisterpflicht: Alarm im Handwerk

Von Michael Bertram 06.06.2017, 06:15
Fliesenleger
Fliesenleger Engelbert Pülicher

Merseburg - Das Handwerk ist besorgt, denn die Qualität in einigen Zweigen steht auf dem Spiel. „Viele, die kurz nach 2004 einen Fliesenleger im Haus hatten, kamen wenige Jahre später wegen Reparaturen zu uns“, erzählt Dirk Heidenreich, Fliesenlegemeister aus Merseburg.

Damals war die Handwerkerordnung novelliert worden. Für viele Gewerke, darunter eben auch der Fliesenleger, bestand als Folge keine Meisterpflicht mehr. Wer sich als Handwerker selbstständig machen wollte, benötigte also keine weiterführenden Kenntnisse mehr. Die Konsequenz: Auch im Saalekreis schossen Betriebe massenweise aus dem Boden. „Diese waren von ihrer Kurzlebigkeit geprägt, kamen zum Teil ohne Beschäftigte aus und belasteten mit Kampfpreisen den Markt“, erklärt Jens Schumann, Sprecher der Handwerkskammer Halle.

Zahl der Betriebe hat sich vervielfacht

„Die Zahl der Betriebe hat sich vervielfacht, die Summen, die für Aufträge ausgegeben wurden, sind aber keineswegs gestiegen“, ergänzt er. Daher gebe es heute bei Fliesenlegern nur noch kleine und Kleinstbetriebe.

Das kann auch der Merseburger Fliesenlegermeister Dirk Heidenreich bestätigen. „Im Vergleich mit den Ein-Mann-Betrieben sind wir zu teuer“, sagt er. Kurz nach dem Wegfall der Meisterpflicht habe er nur noch bei einem von 20 Angeboten den Zuschlag erhalten. Mit den Wegfall von Aufträgen habe er die Zahl der Mitarbeiter reduzieren müssen, von fünf Kollegen sei nur noch einer übrig geblieben. Auch die Zahl der Lehrlinge im Gewerk ging in der gesamten Kammer zurück. „Wir haben dreimal ausgebildet, der letzte Lehrling gab freiwillig auf, weil er keine Perspektive in diesem Beruf sah“, klagt Dirk Heidenreich.

Handwerksmeister sind Qualitätssymbol und ein Garant für den Verbraucherschutz

Da viele der neu gegründeten Betriebe inzwischen schon wieder vom Markt verschwunden sind, habe sich die Situation etwas verbessert. Heute seien drei von fünf Angeboten erfolgreich, sagt Heidenreich. Aber dennoch unterstützt er die Forderung des Handwerks: Die Meisterpflicht soll wieder eingeführt werden. „Das unterstützen wir nachhaltig“, sagt auch Thomas Keindorf, Präsident der Handwerkskammer Halle. Er fordert einen offenen Dialog und eine ehrliche Betrachtung des Nutzens des Meisterbriefs.

Denn der Meister helfe nicht nur dem Markt. In erster Linie sei er ein Qualitätssymbol und ein Garant für den Verbraucherschutz, betont die Handwerkskammer. In der Meisterausbildung werde nicht nur breites Fachwissen vermittelt. Die Anwärter werden auch in Management und Betriebswirtschaft geschult. Aus diesem Grund halten sich die meisten Meisterbetriebe auch stabiler am Markt, betont die Kammer. Das zeigt auch das Beispiel des Merseburgers Heidenreich. (mz)