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Nach Coronainfektionen Nach Coronainfektionen: Behindertenwerkstätte in Merseburg fast vollständig geschlossen

Von Undine Freyberg und Robert Briest 26.11.2020, 13:48
Der Saalekreis führt Tests in der Werkstatt für Menschen mit Behinderung durch. Denn dort arbeiteten auch Bewohner des „Haus am Hügel“ in Leuna.
Der Saalekreis führt Tests in der Werkstatt für Menschen mit Behinderung durch. Denn dort arbeiteten auch Bewohner des „Haus am Hügel“ in Leuna. www.imago-images.de

Merseburg - Annegret Muchow hatte böse Befürchtungen. „Ich erwarte noch weitere Fälle“, hatte die Chefin des Gesundheitsamtes im Saalekreis am Montag mit Blick auf Tests in der Werkstatt für Menschen mit Behinderung erklärt. Denn dort arbeiteten auch Bewohner des „Haus am Hügel“ in Leuna. Das ist mittlerweile Pandemiehotspot mit zuletzt 25 bekannten Infizierten. Muchows Sorge war nun, dass sich das Virus via Werkstatt auch in andere Einrichtungen übertragen könnte.

Nach Coronainfektion blitzschnell gehandelt: Alle Kontakte in Quarantäne

Doch die Werkstatt hat offenbar ganz schnell gehandelt. „Wir haben sofort alle, die möglicherweise Kontakt hatten, in Quarantäne geschickt“, sagte Burkhard Weichsel, der Leiter der Stiftungseinrichtungen der Samariterherberge Horburg, die Träger der Werkstätten ist. „Wir haben nicht erst gewartet, bis wir vom Gesundheitsamt dazu aufgefordert werden, sondern haben selbst die Nachverfolgung der Kontakte übernommen.“

Daher sei die Einrichtung in Merseburg, in der normalerweise insgesamt 130 Menschen mit Behinderung und Mitarbeiter beschäftigt sind, fast vollständig geschlossen. Lediglich 15 Leute seien noch vor Ort. „Bei dieser Gruppe war völlig klar, dass es keinerlei Kontakte zu positiv Getesteten gegeben hat.“ Für die, die sich in Quarantäne befinden, laufe diese am Wochenende aus. „So dass wir nächste Woche wieder starten könnten. Zur Sicherheit wird es in Merseburg aber nochmal Tests geben“, so Weichsel.

Enge Personaldecke durch Corona normalisiert sich langsam

Mittlerweile habe die Samariterherberge, in deren Werkstätten in Merseburg, Horburg und Bad Dürrenberg insgesamt 380 Menschen mit Behinderung arbeiten, auch ein genehmigtes Testkonzept. „Am Mittwoch wurden unsere Mitarbeiter geschult, so dass wir künftig bei einem Verdachtsfall selbst einen Schnelltest machen können und nicht das Gesundheitsamt bemühen müssen.“ Mit dem habe es übrigens eine sehr gute Zusammenarbeit und immer wieder Gespräche gegeben.

Im „Haus am Hügel“ in Leuna, wo mehrere der 16 Mitarbeiter positiv getestet wurden und am letzten Freitag auch bei 20 Bewohnern eine Coronainfektion festgestellt worden war, normalisiert sich die Personalsituation langsam. Das Team wird jetzt von einem Bundesfreiwilligendienstler und einem FSJler unterstützt.

Man muss nicht immer von einer Coronainfektion ausgehen

„Von unseren erkrankten Bewohnern befinden sich aktuell zwei im Krankenhaus“, sagte Jeanette Schmidt, die Leiterin des Hauses am Hügel, dessen Träger die Lebenshilfe ist. In einem Fall habe es einen Rettungswageneinsatz gegeben, bei dem der Bewohner nicht mitgenommen wurde, sagte sie. Er habe bereits erhöhte Temperatur gehabt und sich nicht wohl gefühlt. Bis zum nächsten Tag, habe sich sein Zustand verschlechtert und ein Hausarzt habe die Einweisung ins Krankenhaus veranlasst.

Die MZ fragte dazu beim für das Gebiet zuständigen Rettungsdienst nach. „Der Notarzt, der vor Ort war, hatte festgestellt, dass der Patient kreislaufstabil war und eine fiebersenkende Therapie eingeleitet“, heiß es vom DRK. Nicht immer müsse man von einer Coronainfektion ausgehen. Außerdem sei das Heim darüber aufgeklärt worden, dass man sich sofort melden solle, falls sich der Zustand verschlechtern würde.

Kontaktnachverfolgung im Kreis funktioniere derweil noch

Das Gesundheitsamt wartet derweil auf Ergebnisse aus dem Pflegeheim Kursana in Merseburg. Dort hatte es am Dienstag Tests für Bewohner und Mitarbeiter gegeben, nachdem ein Verdachtsfall beim Personal aufgetreten war. Am Mittwoch lagen die Ergebnisse jedoch noch nicht vor. Muchow hatte bereits zu Wochenbeginn erklärt, ein Hauptproblem des Gesundheitsamtes sei es, dass die Labore nicht mehr zeitnah mit der Auswertung von Tests hinterherkämen.

Die Kontaktnachverfolgung im Kreis funktioniere derweil noch. In der Regel habe man am zweiten Tag nach Bekanntwerden einer Infektion auch die Kontaktpersonen informiert. Derzeit seien 68 Mitarbeiter mit der Pandemie befasst, berichtete Muchow. Darunter neun Bundeswehrsoldaten und seit dieser Woche auch fünf Kräfte des Finanzamtes. (mz)