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MZ-Serie Teil 7 MZ-Serie Teil 7: Hand an der Macht

Von Dirk Skrzypczak 11.07.2015, 08:47
Die mumifizierte Hand ist in der Schatzkammer des Merseburger Doms ausgestellt. Ist es die Hand Rudolfs von Rheinfelden? Bewiesen ist es nicht. Seit dem Tod des Gegenkönigs im späten 11. Jahrhundert wird sie wie ein Heiligtum aufbewahrt.
Die mumifizierte Hand ist in der Schatzkammer des Merseburger Doms ausgestellt. Ist es die Hand Rudolfs von Rheinfelden? Bewiesen ist es nicht. Seit dem Tod des Gegenkönigs im späten 11. Jahrhundert wird sie wie ein Heiligtum aufbewahrt. Marco Junghans Lizenz

Merseburg - Die Größe erinnert an die Hand eines Kindes, nur die langen Finger wollen nicht zu den Proportionen passen, die die Mumifizierung hinterlassen hat. Ist es wirklich die abgeschlagene Hand Rudolfs von Rheinfelden? Von dem Mann, der vor nahezu 1.000 Jahren König sein wollte - und es nach dem Willen der sächsischen Fürsten auch war? Markus Cottin, der Archivar der Vereinigten Domstifter, lächelt vielsagend. „Ein anthropologisches Gutachten der Universität Mainz von 2004 liefert interessante Fakten“, sagt er.

Es ist die rechte Hand eines Mannes, und ja, sie passt in die Lebzeit von Rudolf, Herzog von Schwaben (1025 - 1080). Letzte Gewissheit würde nur ein DNA-Abgleich bringen. Doch dafür müsste das Grab Rudolfs im Chor des Merseburger Doms geöffnet werden. „Eine Lustgrabung wäre aber nicht angemessen“, findet Cottin. Letzte Zweifel werden also bleiben.

Im 11. Jahrhundert schlägt Rudolfs Stunde. König Heinrich IV. (1050 - 1106) hat sich mit der Kirche überworfen - und mit den Herrschern im mächtigen Sachsen, das bis nach Westfalen reicht. Und so wählen die Fürsten am 15. März 1077 Rudolf von Rheinfelden in Forchheim zum Gegenkönig, was blutige Schlachten nach sich zieht. Im Oktober 1080 stehen sich die Heere bei Hohenmölsen gegenüber. Rudolf kann mit seinen Söldnern das Gemetzel gegen die Armee seines Schwagers Heinrich zwar gewinnen. Für den Blaublüter wird es aber ein Pyrrhussieg.

Rudolf wird so schwer verwundet, dass er am 16. Oktober in Merseburg stirbt. Was danach passiert, hat das Mittelalter bis dato noch nie gesehen. Der Merseburger Bischof Werner lässt Rudolf prachtvoll bestatten - in einem Grab im Chor des Doms. Zum ersten Mal in Mitteleuropa wird eine halbfigürliche Grabplatte aus Bronze gegossen und komplett mit Gold überzogen. In die Augen der Plastik werden Edelsteine eingesetzt - das Ganze dürfte dem goldenen Sarkophag des ägyptischen Pharaos Tutanchamun geähnelt haben. Leider ist davon nur noch die Bronzeplatte erhalten. Das Gold? Abgekratzt. Die Edelsteine? Verschwunden.

Die Inschrift auf der Grabplatte stellt Rudolf - mit den Insignien des Königs verewigt - mit Karl dem Großen in eine Linie. Doch Bischof Werner reicht das goldene Grab nicht aus. Er lässt direkt über der letzten Ruhestätte Rudolfs einen fünften Turm errichten. „In der Bischofschronik ist das detailliert beschrieben“, sagt Cottin. Von diesem Turm fehlt heute allerdings jede Spur.

Möglicherweise wurde er 1272, als ein schweres Unwetter den Dom verwüstete, so stark beschädigt, dass er abgetragen wurde. Überliefert ist indes noch diese Begebenheit: Heinrich IV. soll selbst staunend vor dem Grab Rudolfs im Merseburger Dom gestanden haben. Das muss die pure Provokation gewesen sein. Doch das Grab zu zerstören, traute er sich nicht. (mz)

Hat der Merseburger Dom mit dem fünften Turm so ausgesehen?
Hat der Merseburger Dom mit dem fünften Turm so ausgesehen?
Marco Junghans Lizenz
Die halbfigürliche Grabplatte für Rudolf von Rheinfelden war im 11. Jahrhundert in Mitteleuropa einzigartig. Erst 200 Jahre später sollte es vergleichbare Arbeiten geben.
Die halbfigürliche Grabplatte für Rudolf von Rheinfelden war im 11. Jahrhundert in Mitteleuropa einzigartig. Erst 200 Jahre später sollte es vergleichbare Arbeiten geben.
Marco Junghans Lizenz
Bischof Werner hatte Rudolf von Rheinfelden prachtvoll bestatten lassen.
Bischof Werner hatte Rudolf von Rheinfelden prachtvoll bestatten lassen.
Marco Junghans Lizenz