Mut zum Neuanfang per Umschulung Mut zum Neuanfang per Umschulung: Außergewöhnliche Berufslaufbahn als Vorzeigebeispiel

Merseburg/MZ - Von der Schafsweide über den Bau ins Büro und nun in eine Autowerkstatt. Alles andere als eine klassische Berufskarriere. Niemand wird wohl darauf kommen, dass der frisch zum Kraftfahrzeug-Mechatroniker umgeschulte Jens-Uwe Kind seinen Werdegang einmal als Schäfer begann. Drei weitere Berufe hat der 47-Jährige aus Schafstädt seither erlernt und ausgeübt.
Das sowie die jetzt erfolgreich absolvierte Umschulung mit sofortiger Übernahme im Merseburger Autohaus Dübner ist es, was die Bundesagentur für Arbeit Halle und die Tüv Rheinland Akademie Leipzig derart beeindruckte, dass sie Kind dieser Tage eine Sonderehrung zukommen ließen. Zumal er das Kunststück fertig gebracht hat, seine Umschulung mit einem Notendurchschnitt von eins abzuschließen. Und das trotz verkürzter, zweijähriger Ausbildung. „Das ist uns seit den 90er Jahren nicht mehr untergekommen“, sagen Susann Kühn vom Tüv sowie Ausbilder Thomas Damm.
Direkt übernommen
Kein Wunder, dass er nur einen Tag nach seinem Abschluss einen neuen Job in Merseburg hatte, vermittelt von der Agentur. Weil seine Leistung aber von der Industrie- und Handelskammer (IHK) nicht gewürdigt wird - sie zeichnet nur die besten Auszubildenden des Jahrgangs aus - brachten die beiden Tüv-Pädagogen ein Präsentpaket mit ins Autohaus zum gemeinsamen Treffen aller Beteiligten dieser Geschichte mit Happy End.
Der Lebenslauf von Kind ist beeindruckend. Vor der Wende lernte er in der DDR Schäfer. Ein Beruf, den er liebte. „Wenn es nicht zum Preisverfall von Wolle gekommen wäre, würde ich es vielleicht heute noch machen“, gibt er zu. Doch der Vater eines mittlerweile 21-jährigen Sohnes sattelte um. Er wurde Fliesenleger, später Tischler.
„Im Bau habe ich auch gern gearbeitet, aber es war sehr anstrengend“, so Kind. Irgendwann machte er sich selbstständig. Doch die aufgebaute Existenz scheiterte laut Kind aufgrund der schlechten Zahlungsmoral seiner Auftraggeber. „Irgendwann haben meine Frau und ich die Notbremse gezogen“, erinnert er sich. Die Insolvenz stürzte ihn auch nicht in eine Depression. Kind: „Meine Frau hielt mir Stellenausschreibungen unter die Nase, also ließ ich mich umschulen.“
Er wurde Luftverkehrskaufmann. „Damals gab es aber nur Jobangebote in München mit 20-Stunden-Zeitverträgen. Das hätte sich niemals gelohnt“, erzählt Kind. Dafür fand er einen Job in der Lkw-Branche in Tollwitz. Nach einer Betriebspleite ging es weiter nach Zorbau, ehe Kind letztlich zu einer Firma nach Eisleben wechselte und bis zum Werkstattleiter aufstieg. „Aber im technischen Bereich stieß ich einfach an meine Grenzen und ich wollte mich weiter spezialisieren“, begründet Kind den neuerlichen Wechsel.
Offene Ohren
Er ging zu Agentur für Arbeit und stieß mit seinem Umschulungsvorhaben auf offene Ohren. Denn Kfz-Mechatroniker werden gesucht. „Und mit seiner Arbeitserfahrung und seiner hohen Motivation sahen unsere Mitarbeiter Herrn Kind als durchaus geeignet an“, sagt Jan Kaltofen, Geschäftsführer der Agentur für Arbeit in Halle. Kind sei ein Vorzeigebeispiel und solle Arbeitsuchenden im ähnlichen Alter Mut machen. Ziel der Agentur ist es, Fachkräfte für die Unternehmen der Region zu sichern. Der Weg von Kind ist mit der jetzigen Festanstellung keinesfalls zu Ende. „Zweimal jährlich gibt es bei uns eine Fortbildung“, sagt Autohaus-Inhaber Wolfgang Dübner. Eine erste Sonderqualifikation, „Hochvoltschutz“ für Hybrid- und Elektrofahrzeuge, habe Kind bereits erfolgreich erworben.
Dübner sieht seinen neuen Angestellten künftig als Servicetechniker, eine der anspruchsvollsten Positionen im Betrieb. Doch das ist Kind noch nicht genug.
„Ich möchte gern noch den Meister machen“, lässt er wissen. Informiert dazu habe er sich auch schon. Denn da gebe es gleichfalls Förderprogramme der Agentur für Arbeit.
Die Agentur für Arbeit im Internet: www.arbeitsagentur.de