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Mol Katalysatortechnik GmbH Mol Katalysatortechnik GmbH: Kolumbus aus Merseburg kämpft gegen Keime

Von Undine Freyberg 28.04.2015, 13:10
Jürgen Koppe, Geschäftsführer der Mol Katalysatortechnik aus Merseburg.
Jürgen Koppe, Geschäftsführer der Mol Katalysatortechnik aus Merseburg. Peter Wölk Lizenz

MERSEBURG - Das ist kaum vorstellbar: 20 Millionen Quadratkilometer, eine Fläche doppelt so groß wie Europa. Das ist die Fläche, auf der künftig eine weltweit einzigartige Technologie aus Merseburg eingesetzt wird. Im Bereich der Zollunion von Weißrussland, Kasachstan und der Russischen Föderation wird demnächst das in der Hochschulstadt Merseburg entwickelte Mol-Verfahren angewandt, um Trinkwasser und Wasser aus unterirdischen und oberirdischen Quellen zu reinigen. „Hier geht es um die Verhinderung bedenklicher Biofilme und um die Reduzierung von Sulfat im Wasser“, erklärt Jürgen Koppe (61), der Geschäftsführer der Merseburger Mol Katalysatortechnik GmbH. In Russland vertreibe die Firma Aquamol das Verfahren.

Biofilm hat vermutlich jeder schon mal gesehen. Wer im Garten eine Wassertonne stehen hat, der kennt die grünlichen Ablagerungen an der Innenwand. Dort mögen sie nicht schädlich sein, woanders haben sie aber nichts zu suchen.

Alternative zur Chlorreinigung

Zuerst als Ein-Mann-Betrieb, dann mit insgesamt vier Mitarbeitern (heute 20) hat Jürgen Koppe vor 20 Jahren ein weltweit einzigartiges Verfahren zur Reinigung erfunden, das Biofilm entfernt. Der Chemiker aus Merseburg, der an der Hochschule studiert und auch promoviert hat, suchte nach einer schonenden Alternative zur herkömmlichen Chlorreinigung und hat mit seinem Team in Zusammenarbeit mit ThyssenKrupp VDM das erste Verfahren entwickelt, das mit wenig Aufwand die hygienisch bedenklichen Biokeime auf Dauer entfernt, kostensparend ist, die Umwelt nicht belastet und auch das zu reinigende Material nicht schädigt. „Aber eigentlich bin ich wie Kolumbus. Ich wollte Autoabgaskatalysatoren entwickeln, um Abgase zu reinigen, und herausgekommen ist etwas ganz anderes“, lächelt Jürgen Koppe.

Verfahren wird in Mexiko, Spanien und Sardinien verwendet

Das erste Verfahren, das Mol-Clean-Verfahren, arbeitete mit Wasserstoffperoxid und einem Halbleiter aus Drahtgeflecht als Katalysator und war quasi der erste Putzteufel mit Samtpfoten, der dann seinen Siegeszug startete. Das Verfahren kam überall dort zum Einsatz, wo Luft befeuchtet werden muss oder Wasser im Spiel ist - in Kunststofffabriken in Mexiko, Spanien und auf Sardinen, in der Kunststoffherstellung in Schkopau, große süddeutsche Automobilbauer nutzten das Verfahren in den Lackieranlagen. Für saubere Luft und Anlagen sorgte es auch im Druckhaus der Mitteldeutsche Zeitung, im Leipziger Gewandhaus und im MDR-Funkhaus.

Mittlerweile gibt es längst ein neues Verfahren, das Mol-Lik-Verfahren, das auch in der Merseburger Schwimmhalle angewendet wird, noch einfacher funktioniert, den gleichen Effekt hat, und im besten Fall auch noch Energie spart. Im Falle der Schwimmhalle Merseburg laut Koppe bereits 50 Prozent der Energiekosten.

Und auch das Mol-Lik-Verfahren entstand eher aus Zufall. „ThyssenKrupp hatte superdünne Folien entwickelt, wusste aber nichts damit anzufangen. Dann dachten die sich wohl: Schicken wir das einfach mal dem Koppe“, erinnert sich der Chemiker. Sohn Jan (33), ebenfalls Chemiker und mittlerweile seit 2007 in der Firma, modifizierte die Folie. Bruder Christoph (25), der demnächst in die Firma kommt, stellte fest, dass die bisherigen Drahtgeflechtkatalysatoren unter bestimmten Umständen in Wasser selbst Wasserstoffperoxid produzieren. Beide Entdeckungen zusammen führten zum Mol-Lik-Verfahren, das mittlerweile in einem Dutzend Schwimmbädern und in Therapiebecken eingesetzt wird. Audi nutzt es weltweit in seinen Lackierbecken.

„Unser größter Partner ist Veolia, ein ganz großer Wasserbehandler weltweit, der auch mit unserer Technologie arbeitet“, sagt Koppe. Veolia reinigt unter anderem auch das Wasser für die Midewa.

Anlässlich des 20-jährigen Bestehen der Firma Mol Katalysatortechnik finden in dieser Woche im Ständehaus eine Festveranstaltung sowie ein Kolloquium zu neuen Technologien statt. (mz)