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Merseburger Verein für Wohnhilfe Merseburger Verein für Wohnhilfe: Wie weiter nach Kündigungen?

Von Undine Freyberg 01.02.2016, 07:11
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Merseburg/Krumpa - Nach den Kündigungen, die der Merseburger Verein für Wohnhilfe gegenüber seinen Mietern in Merseburg und Krumpa ausgesprochen hat, reagiert auch der Landkreis Saalekreis. Man schaut mit Argusaugen auf das, was da passiert.

„Über die aktuellen Kündigungen des Wohnhilfevereins ist der Landkreis definitiv nicht glücklich“, sagte Sozialdezernent André Wähnelt der MZ. „Diese finden zu einem Zeitpunkt statt, wo der Eindruck entstehen könnte, dass Wohnungen für sozial schwache Menschen gekündigt werden, um Wohnraum für Asylsuchende zu schaffen. Der Landkreis Saalekreis wird deshalb sehr genau schauen, wo Asylsuchende untergebracht werden, schließlich darf es durch die aktuelle Zuwanderung und die Unterbringung von Asylbewerbern zu keinen Einschränkungen bei der Unterbringung von Personen kommen, die durch Wohnungslosigkeit bedroht sind.“

Zwar könnte die Vermutung naheliegen, dass die Wohnungen in Krumpa (ehemaliges Arbeiterwohnheim gegenüber der Asylunterkunft) tatsächlich für die Unterbringung von Flüchtlingen genutzt werden könnten, doch Marcus Skowronek, der zum Vorstand des Wohnhilfevereins gehört, erklärt, dass das gar nicht möglich sei. „Ich bin zwar auch Geschäftsführer der Betreuungs- und Integrationshilfe GmbH, die im Saalekreis für die Unterbringung von Flüchtlingen zuständig ist, aber BIH und Wohnhilfe sind völlig unterschiedliche Schuhe.“ Denn der Wohnhilfeverein, in dem er sich in seiner Freizeit engagiere, habe sich in den vergangenen Jahren um sozial schwache Menschen gekümmert, die ihre Wohnung verloren hatten, und diese untergebracht.

39 sozial schwache Deutsche

Der BIH habe zwar einen Vertrag für die Unterbringung von Flüchtlingen in Krumpa. „Aber der ist auf 280 Plätze in Krumpa begrenzt. Den können wir doch nicht einfach erweitern.“ Außerdem plane der Verein Wohnhilfe, den Block, der derzeit auf zwei Etagen von 39 sozial schwachen Deutschen bewohnt wird, am Jahresende an den Eigentümer - eine Firma aus Karlsruhe - zurückzugeben.

Die Miete für die kleinen Wohnungen im Block im Schortauer Weg in Krumpa sowie für die Zimmer in der oberen Etage des Merseburger Hauses der Wohnhilfe in der Nulandtstraße - hier wohnen derzeit acht sozial Schwache - werde in den meisten Fällen vom Eigenbetrieb oder vom Sozialamt gezahlt. Laut aktueller Richtlinie für die Kosten der Unterkunft sind das gut 200 Euro pro Mieter pro Monat. „90 Prozent unserer Mieter sind Kunden des Eigenbetriebes“, so Skowronek. „Aber wir als Verein müssen davon ja wieder unsere Miete an den Eigentümer des Blocks und weitere Verbindlichkeiten zahlen.“ Und jetzt habe man gesagt, das geht nicht mehr. „Der Verein kann sich nicht mehr tragen, löst sich zum Jahresende auf und hat deshalb die Kündigungen ausgesprochen. “

Der Merseburger Betreuungsverein erklärte gegenüber der MZ, dass die Kündigungen nicht ohne weiteres hingenommen würden. „Unsere Klienten werden den Kündigungen sehr wahrscheinlich widersprechen“, sagte Vereinschef Stephan Wagner. Er und seine Kollegen betreuen einige der betroffenen Mieter. „Es sind Menschen, die ihre Wohnung verloren haben - zum Beispiel weil sie Mietschulden hatten, oder weil sie sich, ganz vorsichtig ausgedrückt, nicht besonders gut benommen haben - und die wahrscheinlich nur sehr schwer bei einem anderen Vermieter einen neuen Vertrag bekommen.“

Verhandlungen mit der Stadt

Was die Mieter in Krumpa angeht, tue sich bereits etwas, so Skowronek. „Von den 39 haben meines Wissens nach sechs bereits einen neuen Vertrag mit einem anderen Anbieter, vier haben in dieser Woche dazu Gespräche, und zwei wollen wohl in ein Pflegeheim ziehen“, sagte Skowronek der MZ.

Die Kündigungen in Merseburg betreffend, sagte OB Jens Bühligen (CDU) der MZ, dass die Menschen, denen gekündigt wurde, nicht auf die Straße gesetzt werden, sondern bleiben könnten, möglicherweise mit einem anderen Mietvertrag. „Wir sind gerade in Verhandlungen mit der Stadt Merseburg“, bestätigte Skowronek. „Es kann sein, dass die Stadt hier die Rolle des Vermieters übernehmen wird.“

In der Nulandtstraße - das Gebäude gehört der Stadt Merseburg - befindet sich auch die Notunterkunft für Obdachlose, die von den Veränderungen unberührt bleibt. Diese wird von der Betreuungs- und Integrationshilfe GmbH betrieben - der Vorstand ist ziemlich identisch mit dem des Wohnhilfevereins - und wird laut Marcus Skowronek zurzeit von sechs Obdachlosen genutzt. Sie müssen das Haus morgens nach dem Frühstück verlassen und können das Haus dann ab 17.30 Uhr wieder betreten. (mz)