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Merseburger Klinikum in der Kritik Merseburger Klinikum in der Kritik: Wurde demenzkranke Patientin vernachlässigt?

Von Robert Briest 15.03.2018, 06:30
Am Basedow-Klinikum in Merseburg gab es im vergangenen Jahr insgesamt 47 Beschwerden wegen der Behandlung im Krankenhaus.
Am Basedow-Klinikum in Merseburg gab es im vergangenen Jahr insgesamt 47 Beschwerden wegen der Behandlung im Krankenhaus. dpa

Merseburg - Es ist Freitagmittag, als die Mutter von Sigrid Müller (Name geändert) mit Verdacht auf Lungenentzündung in das Merseburger Klinikum eingeliefert wird. Die 89-Jährige ist dement, braucht Schilddrüsenmedikamente und hat zwei offene Stellen am Bein.

Über diese Situation informiert Müller die Krankenschwestern. Als die Rentnerin am nächsten Mittag ihre Mutter besucht, hat diese weder Wasser, noch ihre Medikamente bekommen. Aufgrund der Demenz kann sie dies nicht allein. Auch die Beinwunden sind unversorgt. Erst am Samstagabend erhielt die 89-Jährige ihre Medikamente. Doch am Folgetag hakt es erneut bei den Tabletten und der Wundversorgung. So schildert zumindest Müller die Behandlung ihrer Mutter.

Mehrere Beschwerden: Hat das Merseburger Klinikum ein Qualitätsproblem?

Mit ihrer Kritik hat sie sich nicht nur an die Klinik gewandt, sondern auch an den Gesundheitsausschuss des Kreises. Da dort auch gleich noch mehrere Mitglieder von ähnlichen Negativerlebnissen im Familien- oder Freundeskreis berichteten, entschied das Gremium die Klinikleitung zu einer der nächsten Sitzungen einzuladen. Auch auf einschlägigen Bewertungsportalen im Netz schneidet das Merseburger Krankenhaus schlechter ab als die regionale Konkurrenz. Das wirft die Frage auf: Hat das Klinikum ein Qualitätsproblem?

Aus Sicht der Klinikleitung lautet die Antwort: nein. Die Beauftragte für das Qualitätsmanagement, Jule Winkler, stellt die Aussagekraft von Onlineportalen in Frage. Dort gebe es aus ihrer Sicht eine Verzerrung ins Negative. Zumal die Zahl der Bewertungen relativ klein sei.

Klinikum Merseburg: Jede Beschwerde wird intensiv bearbeitet

Dennoch versuche man auch hier mit den Kritikern ins Gespräch zu kommen. „Wir bearbeiten jede Beschwerde intensiv, egal ob sie telefonisch, über Social Media oder per Fragebogen an uns herangetragen wird. Für uns ist das eine Chance, Dinge, die nicht so positiv gesehen werden, zu verbessern“, betont Geschäftsführer Lutz Heimann. In seinen Haus gibt es ein konkretes Schema, wie mit Beschwerden verfahren wird.

„Es gehört dabei zur Grundphilosophie, dass wir alle Sichtweisen erfassen“, sagt der Klinikchef. Aus Sicht der Qualitätsmanagerin lassen sich nicht wenige Probleme schon im direkten Gespräch klären. Am besten sei es, wenn die gleich vor Ort bei den Verantwortlichen stattfinden.

Basedow-Klinikum in Merseburg: 47 Beschwerden bei bis zu 60.000 Patienten

2017 gab es im Basedow-Klinikum laut Heimann 47 Beschwerden bei etwa 55.000 bis 60.000 ambulanten und stationären Patienten. Wie hoch die Dunkelziffer sei, wisse man allerdings nicht, schränkt er ein. Winkler schätzt, dass etwa die Hälfte davon substanziell sind, also Dinge betreffen, die man verbessern könne. „Es geht dabei auch nicht immer um Pflege und Behandlung, sondern teilweise um Parkplatzbeschwerden oder zu niedrige Haltegriffe.“ So etwas seien nützliche Hinweise.

Die meisten Beschwerden gebe es jedoch, wie in allen Krankenhäusern, im Bereich Notaufnahme, berichtet Heimann. Dabei spielten etwa auch die Wartezeiten eine Rolle. Nicht jeder Patient hat Verständnis dafür, dass nach Priorität und nicht chronologisch nach Wartezeit behandelt wird. Heimann betont: Man habe sich im Bereich der Notaufnahme verbessert. „Die Beschwerdehäufigkeit habe nachgelassen.“

Damit dieser Trend für das gesamte Haus gilt, gibt es seit zwei Jahren ein Kommunikationstraining für die Mitarbeiter mit Patientenkontakt. Wie spricht man mit Patienten? Wie reagiert man in Ausnahmesituation? „Deeskalationstraining kann viel bringen“, sagt Heimann.

Patientin in Merseburg vernachlässigt?: Klinik hält sich hier mit Aussagen zurück

Zum Fall Müller bleiben die Aussagen der Klinik momentan vage. Die Beschwerde sei noch in Bearbeitung, eine Diskussion auf der Station stehe noch aus. Deshalb will Heimann die Vorwürfe bisher weder bestätigen noch dementieren. Er erklärt, es habe aber schon Gespräche mit der Betroffenen gegeben.

In denen hat Müller den Eindruck gewonnen, das Klinikum habe Pflegefehler eingeräumt und mit teils zu wenig Personal begründet. Auch an turbulenten Tage dürfe so etwas aus ihrer Sicht in einen Krankenhaus nicht passieren. Man müsse immer noch jemanden im Petto haben. „Wenn das Klinikum, das nicht auf die Reihe bekommt, muss der Kreis als Träger Abhilfe schaffen“, fordert Müller. Und wenn der Kreis den Personalschlüssel nicht ändern kann, sei die Politik in Berlin gefragt. (mz)