Merseburg Merseburg: Wenn das Baby «geholt» wird
Merseburg/MZ. - Kann eine werdende Mutter mit der Ansage ins Carl-von-Basedow-Klinikum Merseburg kommen: "Ich hätte mein Kind gern am 31. März, aber ohne Wehen" und Angebote einholen?
Eine Vorstellung, bei der Anita Schmitt und Anke Nerlich zwar schmunzeln müssen, die sie ähnlich aber schon erlebten. Denn die zwei Frauen kennen die Situation auf der geburtshilflichen Station in Merseburg am besten: Anita Schmitt ist Oberärztin in der Klinik für Gynäkologie und Geburtshilfe am Carl-von-Basedow-Klinikum und Anke Nerlich die leitende Hebamme am Haus. Beide haben gemeinsam mit ihren Kolleginnen schon ungezählten Kindern ans Licht der Welt verholfen; sowohl auf konventionelle Art als auch unter Anwendung des Skalpells.
Ihre Erfahrung: Zwischen 20 und 25 Prozent bewegt sich der Anteil der Kaiserschnitte jährlich. "Er ist in den vergangenen Jahren annähernd gleich geblieben", verweist die Ärztin auf die Statistik: 2011 waren es 154 von 679 Geburten (22,7 Prozent), 2010 157 von 668 (23,5 Prozent) und 2009 140 von 729 (19,2 Prozent). Besonders hoch war die Rate 2001 mit 32,5 Prozent der Geburten, besonders niedrig 2003 mit 18,6 Prozent.
Grundsätzlich, betonen Frau Schmitt und Frau Nerlich, kümmern sich Hebammen um die Geburten, das sei auch in Merseburg so. "Sie stehen für ein sanftes, geduldiges, behutsames Vorgehen", lobt die Medizinerin das Team um Anke Nerlich. "Nur wenn etwas nicht so läuft wie erwartet, treten wir Ärzte mit an." Dafür gibt es leider immer häufiger Grund: die Risikofaktoren bei Schwangeren nehmen zu. Die Ärztin nennt zum Beispiel Übergewicht, hohen Blutdruck und Diabetes, aber auch veränderte Blut- oder Leberwerte.
Wer fällt in Merseburg nun die Entscheidung, ob es eine normale Geburt oder ein Kaiserschnitt wird? "Das kommt auf die Umstände an", lautet die salomonische Antwort. Zum einen gibt es die Schwangeren, die einen Kaiserschnitt möchten. Dann setzt Anita Schmitt auf Aufklärung. "Es handelt sich ja um eine OP, bei der verschiedene Komplikationen auftreten können." Oft spielten auch Angst vor Schmerzen und Unsicherheit eine Rolle. Die meisten Frauen entscheiden sich letztlich doch für die normale Geburt. Und gibt es den Wunschtermin? "Nur nach der vollendeten 39. Schwangerschaftswoche und wenn das Kind die erforderliche Reife hat", schränkt die Ärztin ein. Rund zehn mal im Jahr gebe es solche Fälle. "Aber immer so nahe wie möglich am errechneten Geburtstermin."
Weitaus häufiger dagegen kommt es vor, dass die Entscheidung für einen Kaiserschnittt aus ärztlicher Sicht fällt - entweder schon vor der Entbindung oder in derem Verlauf. Dank umfangreicher Voruntersuchungen können Hebammen und Mediziner am Merseburger Klinikum mögliche Risiken schon relativ früh einschätzen. "Dann sprechen wir darüber mit den Frauen", erklärt die Oberärztin.
Etwa die Hälfte der Kaiserschnitte am Carl-von-Basedow-Klinikum allerdings sind nicht geplant: Hier wird kurz vor oder nach Einleitung der Geburt spontan entschieden, dass eine OP für Mutter und Kind die bessere und sicherere Alternative ist.