Merseburg Merseburg: Trinken bis der Arzt kommt
MERSEBURG/MZ. - Nadine und Anne finden es gut, dass jemand nach ihrer Meinung zum Thema Alkohol fragt. "Klar kenne ich Leute, die Rauschtrinken machen. Ich selber finde das nicht cool und höre auf, wenn ich merke, dass es zu viel wird", sagt die 16-jährige Nadine aus Merseburg. Sie selbst war schon einmal auf einer Party, bei der jemand so viel getrunken hat, dass der Notarzt kommen musste, sie hat dann geholfen. "Ein bis zwei Leute aus unserer Klasse lagen schon mal im Koma wegen Alkohol. Meist sind das die, die schüchtern und unauffällig sind", ergänzt ihre Freundin Anne.
Seit Freitag ist in Merseburg die Fotoausstellung "Blau - heiter bis tödlich" zu sehen. In dieser werden "Ansichten zum Umgang mit Alkohol" gezeigt. Studenten aus Hamburg, Berlin und Düsseldorf setzten sich fotografisch mit dem Thema Alkoholkonsum auseinander, ergänzt werden die Fotografien von Zitaten berühmter Persönlichkeiten. Aber auch Betroffene und Jugendliche kommen auf den Tafeln zu Wort. Da berichtet einer von den Erfahrungen mit seinen alkoholabhängigen Eltern, ein anderer erzählt vom Komasaufen.
Von den Jugendlichen, die zur Eröffnung der Schau eingeladen waren, gab es teilweise auch kritische Töne zu hören. "Es gibt das Vorurteil, dass wir uns alle ständig ins Koma saufen, das stimmt aber nicht", ist von einem 17-Jährigen aus Leuna zu hören. Er trinke zwar gerne mit seinen Kumpels das ein oder andere Bierchen, aber im Krankenhaus sei deswegen noch niemand gelandet.
Ob es einen verantwortungsbewussten Umgang mit Alkohol gibt, egal ob bei Jugendlichen oder Erwachsenen, darf angesichts neuester Zahlen bezweifelt werden. So wird im gerade veröffentlichten Gesundheitsreport der Deutschen Angestellten-Krankenkasse (DAK) ein Anstieg des Alkoholkonsums unter Jugendlichen festgestellt, erklärt die Leiterin des DAK-Servicezentrums Doris Wille. "Wir wollen nicht grundsätzlich Alkohol verbieten, aber wir möchten alle anhalten, maßvoller zu konsumieren", so Wille. Da Alkohol ständig in der Gesellschaft präsent ist, sei es wichtig Prävention in eine ansprechende Form, wie eben diese Fotoausstellung, zu verpacken.
"Um etwas zu erreichen, muss man im Bereich Prävention öfter mit derselben Zielgruppe arbeiten", erklärt Claudia Hammer, Suchtpräventionsbeauftragte des Saalekreises. Die Awo-Mitarbeiterin ist seit fast zwei Jahren für die Suchtprävention im Kreis zuständig. Von ihr erfahren die Jugendlichen bei der Ausstellungseröffnung, dass in einem halben Liter Bier mehr als drei kleine Schnäpse stecken, und dass auch in alkoholfreiem Bier der Stoff, zwar in geringen Mengen, aber doch vorhanden ist. "Wir werden es wohl nie hinbekommen, dass Jugendliche gar keinen Alkohol konsumieren, wenn sie dies aber bewusst tun, und wissen, welche Folgen es geben kann, haben wir viel erreicht", schätzt Hammer ein. Deshalb seien Veranstaltungen und auch eine Fotoausstellung in jedem Fall ein wichtiger Baustein im Bereich Prävention.
Die Fotoausstellung "Blau - heiter bis tödlich" ist in der Saalesparkasse, in der Gotthardstraße zu sehen. Jeweils ab 8.30 Uhr kann sie nur noch am Montag bis 17 Uhr, am Dienstag bis 18 Uhr und am Mittwoch bis 14 Uhr besichtigt werden.