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Merseburg Merseburg: Nicht nur was für das Auge

Von ANNE GUCKLAND 13.04.2011, 15:55

MERSEBURG/MZ. - In der Merseburger Willi-Sitte-Galerie kann Kunst nicht nur betrachtet, sondern auch live vor Ort erlebt werden. "Wir bieten im Jahr mehr als eine Hand voll Lesungen an", informiert Dietmar Rother, Geschäftsführer der Galerie. "Bildende Kunst und Literatur passen sehr gut zusammen. So hat sich auch Willi Sitte sehr tiefgründig mit Literatur befasst. In der aktuellen Ausstellung sind Lithographien zu sehen, die sich mit Ovid befassen." Und Rother stimmt auch die sehr gut funktionierende Zusammenarbeit mit dem Friedrich-Bödecker-Kreis freudig. "Ohne diesen könnten wir nicht so viele Lesungen veranstalten."

Im Rahmen des Bücherfrühlings des Friedrich-Bödecker-Kreises Sachsen-Anhalt las jüngst Thomas Böhme aus seinem neuesten Roman "Der Schnakenhascher" vor. Darin geht es um den Jugendlichen Alexander, der sich immer einen Bruder wünscht, aber nie einen bekommt und sich deshalb einbildet, einen zu haben. Thematisiert wird in dem 274 Seiten starken, bisher umfangreichsten Roman Böhmes eine der wohl schwierigsten Phasen für Heranwachsende: die Pubertät und wie sie in der DDR erlebt wurde.

Etwas mehr als eine Hand voll Besucher lauschte bei der Lesung dem Autor. Den wenigen Besuchern gefiel die Geschichte ausnahmslos. Gabriele Urban aus Leuna etwa machten die vorgetragenen Ausschnitte neugierig. "Ich fand es hochinteressant und sehr spannend, den Autor kennen zu lernen. Ich bin gern hergekommen, denn sonst erfährt man ja nicht so viel über neuzeitliche Literatur."

Günther Uhlemann war extra aus Bad Dürrenberg gekommen, um die Autorenlesung nicht zu verpassen. "Mir hat es sehr gut gefallen. Es ist zwar anspruchsvolle, intellektuelle Literatur. Aber die Texte waren auch sehr ansprechend. Man hat bemerkt, dass der Autor im Buch sehr viel persönliche Erfahrung wiedergegeben hat."

Diesen Eindruck bestätigte Thomas Böhme im anschließenden Gespräch. Er verriet, dass der Roman sehr viele Gedanken und Geschichten aus seiner Vergangenheit verarbeitet. "Der Text spielt in meiner eigenen Jugendzeit. Ich selbst bin Einzelkind und hatte, wie Alexander auch, einen Bruderwunsch. Allerdings war er bei mir nicht so ausgeprägt." Warum sich der 55-Jährige ausgerechnet jetzt mit diesem Thema auseinander setzt, hat für den Vater von zwei erwachsenen Kindern zwei Gründe.

"Ich bin jetzt in dem Alter, wo es Schriftsteller dazu drängt, über ihre eigene Kindheit zu referieren. Ich hatte einfach den Wunsch, mich stärker mit meinen Erinnerungen und Gedanken aus der Zeit zu beschäftigen." Der zweite Grund habe damit zu tun, dass im Moment recht viele Bücher über Kindheit in der DDR erscheinen. "Ich habe mich in vielen derzeitigen Veröffentlichungen einfach nicht wiedererkannt. Für mich spielte etwa der Staat DDR in der Kindheit überhaupt keine Rolle."

"Der Schnakenhascher" von Thomas Böhme kostet 17,50 Euro. Erschienen ist der Roman im Projekte-Verlag.

Am 28. April findet um 17 Uhr in der Sitte-Galerie eine Buchpremiere statt. Jürgen Jankofsky veröffentlicht das Buch "Zauberblätter".