1. MZ.de
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Merseburg
  6. >
  7. Merseburg: Merseburg: Grüne Dach des Domplatzes zurechtgestutzt

Merseburg Merseburg: Grüne Dach des Domplatzes zurechtgestutzt

Von Michael Bertram 06.10.2016, 05:45
Mit einem Steiger wurden die 24 Meter hohen Platanen vor dem Merseburger Dom entholzt. Auf diese Weise entkamen sie der Fällung.
Mit einem Steiger wurden die 24 Meter hohen Platanen vor dem Merseburger Dom entholzt. Auf diese Weise entkamen sie der Fällung. Peter Wölk

Merseburg - Mit einem Griff an den Bedienhebel saust der Steiger in luftige Höhe. Oben angekommen, greift Glenn Kahmann routiniert zur Motorsäge und setzt sie an den Ast der Platane. Stück für Stück schneidet er die beiden mindestens 150 Jahre alten Bäume auf dem Domplatz in Merseburg zurück. Weil die Standsicherheit der beiden Bäume gefährdet ist, müssen die üppigen Kronen verkleinert und die 24 Meter hohen Stämme um gut die Hälfte gekürzt werden (die MZ berichtete). Nach zweitägiger Arbeit ist das grüne Dach des Domplatzes nun seit Donnerstag verschwunden, übrig geblieben sind zwei wuchtige Stämme und einige wenige begrünte Äste.

Mehrwöchiger Streit um mächtige Platanen

In einem mehrwöchigen Streit um die mächtigen Platanen haben die Vereinigten Domstifter nun offenbar gewonnen. Bereits im August hatte ein Gutachten der Unteren Naturschutzbehörde des Kreises die Fällung der Bäume eigentlich besiegelt. Laut diesem hatten Bohrungen ergeben, dass die Bäume so hohl sind, dass sie umzustürzen drohen. Da die Gefahr auf dem stark frequentierten Platz für den Besucherverkehr zu groß ist, müssten die Platanen weg, hieß es. Das wollten die Domstifter jedoch nicht hinnehmen und setzten sich für die Bäume ein.

„Durch die visuellen und gerätetechnischen Untersuchungen, insbesondere die Schalltomographie sind wir zu einem anderen Ergebnis gekommen“, sagt der Sachverständige Joachim Steglich, der mit seiner Einschätzung für den Erhalt der beiden Bäume sorgen konnte und die Arbeiten an den Platanen in dieser Woche vor Ort verfolgte. Welche Bedeutung die beiden Platanen für den Platz und die Menschen haben, war während der Verschneidung gut zu beobachten. Immer wieder kamen Menschen vorbei, um die Arbeiten mit eigenen Augen zu verfolgen.

Immerhin kam Experte Steglich zu dem Schluss, dass eine komplette Fällung der Bäume nicht nötig sei. Dafür seien die Stämme noch tragfähig genug. „Die Baumkronen stellen eine tonnenschwere Last dar, die so schnell wie möglich runter muss, um die Verkehrssicherheit der Bäume sicherzustellen“, sagte er und blickte gen Himmel, aus dem ein Ast nach dem anderen heruntersegelte.

Laub musste reduziert werden

Wie gewaltig das Gewicht war, das im Sommer auf die angeschlagenen Stämme drückte, zeigt allein der Durchmesser der Kronen. Die Experten gingen von einer Spannweite von gut 25 Metern aus. Doch nicht nur das Laub musste reduziert werden, auch die Höhe der Bäume wurde halbiert. Das massive Holz wurde in kleine Stücke zerlegt und am Donnerstagnachmittag schließlich abtransportiert. Allerdings waren die Arbeiter dabei stets bemüht, die Behausungen eines Kauzes und Fledermäusen zu erhalten, so dass diese nach Abschluss der Entholzung wieder zurückkehren können.

Unklar ist, ob die beiden Bäume ihren Status als Naturdenkmal weiterhin behalten können. „Das müssen nun noch Gespräche mit den Behörden zeigen“, sagte Grit Schödel von den Vereinigten Domstiftern. Wahrscheinlich sollen auch Neupflanzungen erfolgen. Denn in den nächsten zehn Jahren, so die Prognose für die erhaltenen Platanen, könnten die neuen Bäume dann langsam heranwachsen. Diese Situation wäre kein Novum: Wie historische Aufnahmen belegen, standen auf dem Domplatz einst ohnehin mehr als zwei Bäume. (mz)