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Mein eigener Chef Mein eigener Chef: Fast immer auf der Straße zu Hause

Von Sebastian Stöber 04.06.2002, 15:05

Merseburg/MZ. - Einen Termin mit Thomas Stoczek auszumachen, kann zur Lebensaufgabe werden. Festnetznummern bringen gar nichts, nur das Handy klingelt verlässlich. Geht der Zoohändler auch noch ran, brummt es im Hintergrund. Er ist im Auto. Vier Filialen umfasste das Stoczek-Reich bisher, nun ist eine weitere hinzugekommen: in der Merseburger Schloss- Passage. Und überall möchte der Chef möglichst oft nach dem Rechten sehen. Ein Full-Time-Job bei dem die Straße zur zweiten Heimat wird.

Eine mit Tücken behaftete allerdings, wie sich zeigt, nachdem der Termin vereinbart ist. Staus rund um Merseburg. Zehn Minuten sind da locker weg. Aber dann. Kaum ist Stoczek durch die Tür seiner Zoohandlung, geht es in die Vollen. Dies muss geklärt werden, da hat der Kollege eine Frage. Zwischendurch klingelt das Handy, in einer anderen Filiale ist jemand krank geworden, wer soll ihn vertreten? Der Chef instruiert.

Thomas Stoczek''s Weg in die Selbstständigkeit begann schon vor der Wende, was ihn nicht unbedingt leichter machte. Einer Lehre als Elektromonteur folgte die obligatorische Zeit bei der Volksarmee. Dieser schloss sich die Meisterprüfung an. 13 Anträge auf Selbstständigkeit stellte der Markranstädter ab da. Waschmaschinen wollte er reparieren, in seinem Fach etwas bewegen. Abgeschmettert.

Zu Hilfe kamen Hobby und Zufall. "Über viele Jahre habe ich nach der Arbeit Zierfische gezüchtet", erzählt Stoczek, "die habe ich dann an Zoogeschäfte weiter verkauft." Als die Inhaberin eines dieser Geschäfte den Aufwand nicht mehr bewältigen konnte, bot sie Stoczek an, es zu übernehmen. Zwar überschlug sich die Bürokratie beinahe, aber nach einigem Hickhack stand nichts mehr im Weg. Das war 1986. Ein Jahr und diverse Umbauten später eröffnete Stoczek sein erstes Geschäft.

Als gespickt mit viel Neuem beschreibt der Zoohändler seinen Start ins vereinigte Deutschland. Besonders die kleinen Dinge blieben im Gedächtnis haften. So kostete eben plötzlich der Vogelsand nicht mehr ein paar DDR-Pfennige, sondern gleich eine D-Mark, erinnert sich Stoczek. Es musste neu kalkuliert werden. Da er mit Alteigentümern seiner Geschäftsräume rechnen musste, schaute er sich nach einem neuen Standort um. Fündig wurde der Markranstädter 1993 in Halle. Filiale Nummer drei kam zwei Jahre später im Leipziger Paunsdorf-Center hinzu. Als sich ein Grimmaer Einkaufspark 1997 für ein Zoogeschäft interessierte, öffnete Stoczek auch dort. Die Niederlassung in Leipzigs Innenstadt besteht noch immer. "Eine Erbengemeinschaft streitet sich um die Immobilie. Das dauert", schmunzelt der Händler.

Obwohl er keine Zeit mehr für seine Hobby-Fischzucht hat, sind die Kiemenatmer Stoczeks Lieblinge geblieben. Besonders Kois - japanische Farbkarpfen - haben es ihm angetan. "Einige schwimmen sogar in meinem Teich." Teiche sind ein Komepetenzpunkt des Unternehmens. "Wir beraten Kunden vor Ort und legen Teiche auch an", so Stoczek. Das Drumherum gibt''s sowieso im Geschäft. Dort, in der Schloss-Passage, beschäftigt der 48-Jährige derzeit fünf Mitarbeiter, die er auf seine Firmenphilosophie einschwört: "Es ist unsere Firma, nicht meine. Zwar gebe ich die Arbeit, aber ohne meine Angestellten bin ich nichts."