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Marktschreier Marktschreier: Flaues Geschäft mit Aal, Bananen und den echten italienischen Nudeln

Von Elke Jäger 11.02.2001, 15:30

Merseburg/MZ. - Ferrarirot - darauf legt Georg Khouri großen Wert. Die Laster der Marktschreier wurden nämlich für die "italienischen Festtage" einheitlich in dieser Farbe gespritzt, und alles, was sie direkt vom Fahrzeug herunter verkaufen, sei "echt italienisch und supergünstig". Nudeln, Gebäck, Fisch, Pizza, Säfte. Nein, an Georg Khouri, dem quirligen Manager liegt es nicht, dass das Geschäft in Merseburg kaum in die Gänge kommt. Von Freitag bis Sonntag priesen die Marktschreier im Zentrum der Kreisstadt mehr oder minder lautstark ihre Waren an. Doch das Spektakel, das vor zehn oder sieben Jahren noch Hunderte lockte, läuft heute nur schleppend.

Da kann Bananen-Georgy sich fast die Seele aus dem Leib schreien - das Interesse an den gefüllten Obstkörben ist gering. "Schauen Sie her, Bananen vom Feinsten, Apfelsinen, Ananas, Eisbergsalat, noch eine Gurke und Paprika und zusätzlich Kiwi" - vergeblich. Die Leute eilen vorbei, schauen weg. Entnervt murmelt Georgy "Mein Gott" und packt alles wieder aus. Bis zum nächsten Versuch.

Aal-Gustavine ("Gustav ist krank") behält das Lächeln im Gesicht. "Kuck ma', wie schön die sind", ruft sie den Passanten zu und schwenkt ein Bündel Räucheraale. "Den kannste lutschen, so zart is der!" Unschlüssig bleibt ein älteres Paar stehen, Gustavine setzt all ihren Charme ein und packt Aal, Bückling und "als persönliches Geschenk" eine Handvoll Sprotten ins Papier. Die Dame zückt das Portemonnaie. 30 Mark. Weniger nicht. Das erfährt eine ältere Frau, die bloß einen Bückling möchte.

Das ist doch der Markt, wo sind die Leute?, wundert sich Wurst-Helmut. In der Schloßpassage, wo sie bisher standen, sei mehr los gewesen. "Der Herr wollen mal probieren?" lädt er einen Vorbeigehenden ein. Er habe gerade selber geschlachtet, winkt der ab - und bekommt zu hören: "Schmeiß es weg, ich brauche Geld!" Lächeln fällt schwer, wenn niemand etwas kaufen will. Selbst Käse-Maik, der in der letzten Viertelstunde immerhin zwei gefüllte Eimer an den Mann brachte, seufzt. Flaues Geschäft - und man muss doch leben.