Marianne Riemeyer Marianne Riemeyer: Ein Leben für Günthersdorf

GüntHERSDORF - Wenn Marianne Riemeyer durch Günthersdorf läuft, dann trifft sie auf vieles, was sie auf den Weg gebracht und mitgestaltet hat. „Das macht schon stolz“, gibt die 72-Jährige unumwunden zu. Aber auch ein bisschen wehmütig, denn ihre Legislaturperiode als Ortsbürgermeisterin ist zu Ende gegangen. Nach 31 Jahren - vom 6. Juni 1984 bis 1995 war sie als hauptamtliche und von 1995 bis zum 11. Juli dieses Jahres als ehrenamtliche Bürgermeisterin tätig - will sie es nun ruhiger angehen. Nicht zuletzt, weil sie auch gesundheitlich nicht mehr so fit ist wie früher. Ein kompletter Rückzug ist das jedoch nicht, denn Marianne Riemeyer bleibt weiter Mitglied im Ortschaftsrat, wo sie als zweite Stellvertreterin fungiert. Auch den Vorsitz im Abwasserverband Anstalt des öffentlichen Rechts wird sie nicht abgeben und sich weiter im Heimatverein engagieren.
„Das war mein Ding“
31 Jahre als Bürgermeisterin: „Das war schon mein Ding“, sagt die Pensionärin. Es waren spannende, kämpferische, schicksalsreiche und erfolgreiche Jahre. Noch genau kann sie sich an ihr erstes Projekt im Amt erinnern. Das war die Vorbereitung der 700-Jahrfeier der Gemeinde, die dann auch 1985 zünftig über die Bühne ging. Unvergessen auch die Aktionen nach der Wende - das Ja der Gemeinde zum Saalepark, der erste Flug ihres Lebens mit Krieger, um in dessen Firmenzentrale die notwendigen Vertragsunterschriften für das Möbelhaus Höffner zu tätigen. „Kurt Krieger war der erste, der seine Leute ausschwärmen ließ, um nach der Wende geeigneten Grund und Boden für einen Möbelhaus-Neubau zu suchen.“ Er kam mit der Gemeinde schnell ins Geschäft, noch vor dem 3. Oktober 1990 hielt er die Baugenehmigung in den Händen. Weitere potenzielle Investoren gaben sich damals bei Marianne Riemeyer im Amt die Klinke in die Hand. „Ich hatte mir angewöhnt, den Interessenten fest in die Augen zu schauen. Wenn sie meinem Blick standhalten konnten, waren sie vertrauenswürdig“, so die Ex-Bürgermeisterin. Sie wurde nie enttäuscht.
Marianne Riemeyer hat und hatte stets Prinzipien, war stets energisch, hatte auch vor Ministern keine Scheu. Zu allem Ja und Amen zu sagen, das war nie ihr Ding. Gelernt hat sie Landwirtin, wollte später auf Lehrerin umsatteln. Da allerdings sprach ihr zukünftiger Mann ein Machtwort. „Eine Lehrerin heirate ich nicht“, sagte er. Die gebürtige Randberlinerin aus Königs Wusterhausen hatte es 1949 mit ihren Eltern nach Zöschen verschlagen. Später zog sie mit ihrer Familie nach Günthersdorf, wo sie als Buchhalterin in der Genossenschaft arbeitete - zuvor hatte sie ein fünfjähriges Fernstudium zum Ökonomen erfolgreich abgeschlossen. Nach und nach wurde sie in ihrem neuen Ort heimisch, so sehr, dass sie Ende der 60er Jahre Gemeindevertreterin wurde. Der Weg zum Bürgermeisteramt war damit nicht mehr weit.
„Als die Wende kam, war mir sofort klar, ich muss mit meiner Gemeinde Geld verdienen“, so die Günthersdorferin. Krieger sei immer ein sehr fairer Investor gewesen. Natürlich scheiden sich am Saalepark die Geister - aufgrund seiner Größe, seiner Verkehrsbelastung - bis auf den heutigen Tag. Viele Gegner von damals sind mittlerweile zu Befürwortern geworden - nicht zuletzt weil sie dort Arbeit gefunden haben. Insofern glaubt Riemeyer auch, dass die Kritiker des geplanten Erweiterungsbaus entlang der A 9 bald sehen werden, dass sie nicht über den Tisch gezogen wurden. Durch den Lärmschutzwall werde sich die Lärmbelastung im Wohngebiet „Heiterer Blick“ verringern. „Wir wollen den Bürgern nichts Böses, sondern etwas in ihrem Interesse tun. Das werden die Leute schnell merken“, ist Riemeyer überzeugt.
Von Ansiedlungen profitiert
So wie sie damals gemerkt haben, dass der Ort durchaus von den Ansiedlungen profitierte - und das in mehrfacher Hinsicht. So bekamen Kötschlitz und Günthersdorf beispielsweise ein neues Sportlerheim, die Günthersdorfer das Bürgerhaus und die neue Kapelle mit einer Glocke, die samstags das Wochenende einläutet.
„Ursprünglich wollte sich Krieger in Dölzig ansiedeln, aber offenbar waren die Sachsen zu langsam. Wäre es so gekommen, dann hätten wir genauso viele Probleme mit dem Verkehr wie heute, hätten finanziell aber gar nichts davon gehabt“, so Marianne Riemeyer.
Noch Wünsche offen
Mit dem soliden Reichtum von einst hat der Ortschaftsrat allerdings nach der Eingemeindung nach Leuna nicht mehr viel zu tun. Früher habe man Millionen bewegt, jetzt verteile man lediglich nur noch die Gelder an die Vereine. Das sei schon gewöhnungsbedürftig. Dennoch haben die Günthersdorfer noch viel vor. Der Ort sei zwar zu 99 Prozent in Ordnung - welcher Ort in der Umgebung kann das schon von sich sagen -, dennoch haben die Günthersdorfer Wünsche offen.
So müsste dringend die Verkehrsführung am Eingang von Nova Eventis verändert werden, um die Verkehrslage zu entspannen. Ein Kreisverkehr - wie schon einmal angedacht - wäre da genau richtig. Auf der Wunschliste stehen auch ein Lebensmittel- und ein Baumarkt. Diesbezüglich sei man mit dem Centermanager bereits im Gespräch. Auch in Sachen Eiskeller und seiner Wiedernutzung sei man in der Warteschleife. „Wir haben das Projekt noch nicht zu den Akten gelegt, auch wenn Leuna das wohl etwas anders sieht“, sagt Riemeyer mit einem Lächeln.
Sie hat jetzt mehr Freizeit als früher. Die wird sie nutzen, um sich noch mehr ihrem Hobby - der Filethäkelei - zu widmen. Und sie liest gern - historische Romane -, am liebsten abends im Bett. Deshalb hält jetzt auch das Internet in ihrem Haus Einzug, damit sie die Bücher per E-Reader lesen kann und sich nicht mit den dicken Wälzern herumschlagen muss. (mz)