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Landtagswahl Landtagswahl: Wahlkreis aus der «Kanzel» entdeckt

Von Gerhard Grulke 27.03.2002, 16:50

Merseburg/MZ. - Noch ist besagter Hebel für den Mann aus Dieskau ein simpler Schalthebel oder in der Fachsprache gesagt, ein Fahrschalter.

Uwe Müller, Straßenbahnfahrer von Beruf, ist für die PDS in den Wahlkampf gestartet. Und der Wahlkreis 38, der vom Saalkreis auch nach Bad Dürrenberg in den Landkreis Merseburg-Querfurt übergreift, ist ihm gut bekannt. Abgesehen von den Vorstellungen und Disputen nach dem Wahlauftakt, ist er mitunter jedem Tag in seinem Wahlkreis. Beruflich. Nämlich dann, wenn er die Straßenbahnwagen der längsten Überlandlinie Europas sicher über die Gleise bewegt. Die Linie 5, die von der Halleschen Heide bis nach Bad Dürrenberg rollt, fährt er gern, wenn sie in seinem Schichtplan steht. "Das war schon interessant, als ich 1990, damals noch im Fahrschulwagen, in die Salinestadt mit dem mächtigen Gradierwerk gefahren bin", erinnert er sich und kommt ins Schwärmen. "Wenn man früh den Sonnenaufgang erlebt, wenn man von Leuna-Daspig in Richtung Bad Dürrenberg fährt - da wird man verzaubert. So schön ist die Natur dort. besonders natürlich im Frühling", lächelt er das für ihn typische, gewinnende Lächeln. Die romantische Seite gehört zu Müller wie auch die Politik, die er für die Menschen zu machen gedenkt, und für die er im Gemeinderat Dieskau eintritt. Seit 1999 als Parteiloser mit einem Mandat der PDS, der er im Jahre 2000 dann auch beigetreten und auch bei der Kreistagswahl mit angetreten war. "Doch für einen Sitz in diesem Gremium hat es dann nicht gereicht"", hebt er die Schultern. Entmutigt? "Keineswegs, es gibt für mich genug Gründe, durch die Politik etwas verändern zu wollen", sagt er und nennt ein Beispiel: Weshalb gelten Ausgaben für Kitas, Horte Jugendklubs, Schulen und Bildung immer als Kosten. Während das Aufstellen einer Lampe oder eines Straßenbahnwartehäuschens eine Investition darstellt? Kinder sind für ihn die beste Investition, nämlich eine in die Zukunft. Deshalb möchte Müller hier verändernd wirken. Weil er meint, dass es sich lohnen muss, in einem Land wie Sachsen-Anhalt zu leben, arbeiten zu können und vor allem seine Kinder vernünftig groß zu ziehen. Hierbei sollen die Eltern mehr mitentscheiden dürfen, vertritt er die Ansicht und ist für sozial verträgliche Kita- und Hortgebühren.

Woraus Müller auch keinen Hehl macht, das ist seine Meinung nach die Bildung eines starken Regionalkreises. Er würde das kräftige Gegengewicht bilden können gegenüber Magdeburger und Leipziger Wirtschaftsbestrebungen. "Was ist, diese Frage habe ich einmal in der Basisgruppe in Schkopau gestellt, wenn es der Chemie einmal nicht mehr so gut geht? Für die Landwirtschaft und vor allem für den Mittelstand, der wohl die meisten Arbeitsplätze bringen könnte, müssten die Förderregularien in Magdeburg umgestellt werden", ist Müllers Überzeugung.

Er versteht nicht, dass immer wieder Steuerzahler-Millionen in einen nicht rettbaren Holzmann-Konzern gepumpt würden, anstelle mittelständige Unternehmen zu fördern. "Hierzu braucht es neue Wege, hierzu muss man eingefahrene Gleise verlassen", plädiert er für eine Veränderung der Finanzpolitik. Womit er voll bei den "großen Scheinen" ist. Er, Müller, der von sich sagt, dass vor allem die Kommunalpolitik sein Steckenpferd sei. Wo er sich in vielen Ausschüssen einbringt, in Sachen Umwelt und Ordnung zum Beispiel, am Runden Tisch, im Unterhaltungsverband "Untere Saale" ebenso. Bleibt da noch Zeit für ein Buch oder Musik?

"Zurzeit dominiert selbst bei meiner Vorliebe für Bücher, ich habe mehr als 500 im Regal im Schlafzimmer stehen - die aktuelle Politik. Da müssen Zeitungen studiert werden, da muss man Fernsehdebatten verfolgen. Auch Radio hören. Das allerdings erst nach Feierabend, denn in der Straßenbahn ist das nicht erlaubt", fügt er noch an. Wofür aber trotz aller Wahl immer noch Zeit bleiben muss, das sind die Minuten mit den Kindern. Dazu ist er zu sehr Familienmensch, als dass es nicht zu Spaziergängen mit Freunden oder Bastelstunden kommen würde. "Auch, wenn Wahlkampf ist."