Kühe und Kutschen auf den Straßen
DELITZ AM BERGE/MZ. - Und dass eine Kutsche übers Pflaster rollt, passiert heutzutage äußerst selten. Am Sonntag war das anders. Beim Festumzug, der immerhin die Entwicklung des Dorfes innerhalb eines Jahrtausends zeigt, durften weder Tiere noch Kutschen fehlen.
"Anno 989 - Delze" stand auf dem Schild ziemlich an der Spitze des Zuges. Es folgten Kühe und Kälbchen, ein bunter Erntewagen und die ersten Siedler: Über Jahrhunderte wurde hier Landwirtschaft betrieben. Davon zeugten die geschmückten Pferdegespanne ebenso wie der Trupp Landarbeiterinnen, etliche Traktoren vom Lanz Bulldog bis zum heutigen Koloss. Der Landwirt und Gutsherr von Zimmermann war (als Doppelgänger) vertreten und auch an die beiden LPG "Jonny Scheer" und "Neues Deutschland" wurde erinnert. Den Wandel in der Landwirtschaft demonstrierten die modernen Großgeräte.
Für Humor unter den Zuschauern an den Straßenrändern sorgten der ABV in Original-Uniform auf der "Schwalbe" und sein "grüner" Polizeikollege zu Fuß. Neben Vereinen waren Firmen aus dem Ort dabei. Der Fleischer verteilte Würstchen, die Pfingstburschen schenkten Bier aus. Eindrucksvoll der lange Block der Feuerwehr, die alte und moderne Technik mitführte.
Gut die Hälfte der Bevölkerung beteiligte sich an dem Umzug, der Rest applaudierte am Straßenrand. Nur wenige Einwohner waren gar nicht zu einer der Veranstaltungen gekommen, die von Freitag bis Sonntag über die Bühne gingen. Grund zum Feiern gab es vierfach: 1020 Jahre Delitz, 125 Jahre Sportverein 1884, 55 Jahre Kirchenweihe und 20 Jahre Pfingstverein. Das Fest haben sie erfolgreich gemeinsam bestritten.
Der Sportverein sorgte für den sportlichen Touch. Während am Freitag das Spiel der einheimischen "Alten Säcke" gegen die "Dicken Bäuche" vom SAW-Team zum Gaudi mit Elfmeter-Schießen wurde, fand am Samstag das traditionelle Fußball-Turnier statt. Fünf Teams wollten den Pokal erringen, geschafft hat es Blau Weiß Dölau.
Von den 120 Vereinsmitgliedern des SV 1884 sind fast die Hälfte Kinder und Jugendliche, wie Jugendtrainer Sven Voigt sagte. Für sie und alle Kinder richtete der Verein am Sonnabend ein großes sportliches Kinderfest aus.
Wer dem munteren Treiben von oben zusehen wollte, konnte das am Samstag vom Kirchturm aus. In dem Gotteshaus fanden Führungen statt und es lief eine Fotoschau über die Kirche vor und nach dem schweren Brand von 1951. Nach drei mühevollen Jahren des Wiederaufbaus riefen die Glocken 1954 wieder zum Gottesdienst. Richtig voll war die Kirche dann beim Vortrag von Egon Beßler über die Geschichte des Dorfes.
In Delitz am Berge, das ein Ortsteil von Bad Lauchstädt ist, leben heute 955 Menschen. Die älteste hier geborene "Ureinwohnerin" ist Hildegart Schwarz mit 83 Jahren. Der jüngste Delitzer heißt Tristan Beßler und kam am 6. Mai zur Welt. Darauf wies Ortsbürgermeister Rainer Gräfe (FDP) in der Festveranstaltung am Sonntag hin. Dazu hatte er übrigens auch alle ehemaligen Bürgermeister eingeladen.
Für drei Delitzer hielt er eine Überraschung parat: Sie wurden für ihre langjährigen Verdienste gewürdigt. Es waren Otto Markgraf, der frühere Wehrleiter, Erhard Schwarz, der sich unter anderem im Sport engagiert und Peter Zinke vom Pfingstburschenverein.