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Kühe stehen am Melkroboter Schlange

Von Regina Retzlaff 09.01.2008, 17:01

Barnstädt/Nemsdorf/MZ. - Melker ist ein harter Job

"Eine tolle Sache, oder?" Stolz führt Ralf Hägele, der Chef des Agrarunternehmens Barnstädt, die staunenden MZ-Leute durch den Stall in Nemsdorf. Der hatte schon länger leer gestanden und kam den Landwirten gerade recht, als sie das Projekt Melkroboter angingen. "Unsere Melker machen wirklich einen harten Job. Wenn sie jahrelang ihrer Arbeit nachgegangen sind, haben sie oftmals Ärger mit den Schultern und auch den Bandscheiben.

Ihnen die Arbeit zu erleichtern ist der eine Grund, warum wir damit begonnen haben, zunächst 60 bis 70 Tiere im sanierten Stall in Nemsdorf mit einem Roboter zu melken", ist von Ralf Hägele zu erfahren. Der zweite Grund sind die gestiegenen Milchpreise und die Tatsache, dass die Molkerei Bad Bibra, die die Milch der Barnstädter Kühe verarbeitet, die Milchquote nicht mehr schafft. "Milch ist heute gefragt wie lange nicht. Also werden wir das nutzen und unsere Produktion erhöhen", so der gestandene Landwirt Hägele.

Und während andere Bauern neue Anlagen bauen, gingen die Barnstädter daran, ehemalige Kuhställe wieder herzurichten. Entstanden ist ein reiner heller Kaltstall. Die Tiere stehen dort auf Kalk-Stroh-Matratzen, unter denen sich noch eine Schicht Lehm befindet. Sie genießen wesentlich mehr Komfort in Sachen Platz, Liegefläche und Fütterung. "Wir hatten zudem das Glück, dass wir unseren Tierbestand erweitert haben, als die Preise pro Stück noch recht tief waren. Heute kommt uns das finanziell natürlich zugute", erklärt Hägele. Dennoch sind 1,2 Millionen Euro an Investitionen für das neue Projekt kein Pappenstiel.

Sechs Melkroboter werden von der Firma Lely installiert. Ein solcher Melkstand funktioniert vollautomatisch. Die Kühe werden über eine Portion Kraftfutter in den Melkstand gelockt. Der Roboter erkennt jede einzelne Kuh anhand ihres Halsbandes. Dessen Daten werden regelmäßig gespeichert. Sollte ein Tier also schon nach ein oder zwei Stunden wieder im Melkstand erscheinen, ohne dass das Euter schon wieder entsprechend gefüllt ist, erkennt das der Roboter und die Kuh wird mittels Luftstrahl wieder hinaus geschickt. Zudem gibt es auch kein Futter für die "Vordränglerin". Ist das Euter indes gut gefüllt, setzt der Melkprozess ein.

40 Liter Milch pro Tag

Das Euter wird zunächst gut gereinigt. Ein Laserstrahl tastet die Zitzen nach ihrer Größe ab und der Melk-Arm mit den Saugern tritt in Aktion. Ist eine Zitze leer, fällt der Sauger automatisch ab. Während unten gemolken wird, darf die Kuh oben die speziell für sie bereitgestellte Portion Kraftfutter mampfen, schließlich braucht sie Kraft, um etwa 40 Liter Milch pro Tag zu produzieren. Dann verlässt sie den Melkstand, denn es warten schon die nächsten Tiere. Und damit das Warten angenehmer wird, hängt am Melkstand eine große Bürste, unter der sich die Tiere gerne einige "Streicheleinheiten" abholen.

Damit verändert sich das Berufsbild des Melkers ganz erheblich. Der kann sich nun viel mehr der Beobachtung der Tiere widmen, kann sie intensiver pflegen, das Abkalben überwachen und sich der Jungtieraufzucht zuwenden. Nach und nach werden sich die derzeit 44 Mitarbeiter des Agrarunternehmens, die in der Rinderhaltung beschäftigt sind, mit der hochmodernen Technik vertraut machen, denn in fernerer Zukunft wird der Melkroboter das manuelle Melken vollständig ablösen.

Bis zum Sommer sollen es 450 Kühe sein, die automatisch und rund um die Uhr gemolken werden. Derzeit sind die 1 386 Kühe und Färsen der Barnstädter Landwirte in Ställen in Göhritz, Esperstedt, Obhausen und nun auch wieder in Nemsdorf untergebracht. Seite 10