Kleingeld Kleingeld : So reagieren Bürger auf die Debatte um Ein- und Zwei-Cent-Münzen
Merseburg - Wenn der Händler kein Kleingeld mehr annimmt, bleibt es zwangsläufig in der Brieftasche. Aber wo kann man die roten Münzen überhaupt noch loswerden? Automaten lassen sich höchstens mit 5-Cent-Münzen füttern, 2 oder 1 Cent sind auch den Maschinen zu klein. Wenn man beim Fleischer, Bäcker oder beim Blumenhändler nicht auf den Cent genau zahlt, sammelt sich das Kleingeld weiter an. Das sorgt irgendwann für Unmut, denn wer will eine schwere Brieftasche mit sich tragen, wenn sich darin dann kaum 5 Euro finden?
Stellt man auf der Straße in Merseburg die Frage nach dem Kleingeld, antworten viele: „Abschaffen!“ Die meisten Befragten finden es lästig. Karola und Patricia Thurig etwa vertreten diese Meinung. „Man sollte auf die kleinen Cent-Münzen verzichten. Sie machen das Bezahlen im Alltag nur beschwerlich“, sagt Patricia Thurig. Doch was passiert eigentlich mit dem Klimpergeld, wenn das Portemonnaie mal wieder überquillt? Die Merseburgerin zeigt auf ihre Tochter. „Das wird dann in die Spardose gesteckt.“
Nur Kinder sind für Kleingeld zu haben
Anscheinend sehen nur noch Kinder eine Bereicherung im Besitz der roten Münzen, denn selbst in der Herstellung übersteigen die runden Stahlplättchen mit Kupferummantelung ihren eigentlichen Wert. Und weil die kleinen Münzen ständig in Sofaritzen, den Untiefen von Handtaschen oder in Waschmaschinen verschwinden, müssen sie häufiger nachproduziert werden als die größeren Münzen. Auch die Schneiderin Ines Kudasch würde lieber nicht mehr mit dem Kleingeld zu tun haben. „Keiner will es haben, man wird es nirgendwo los.“ Das gilt für Kunde wie für Verkäufer gleichermaßen. Auf die Frage, ob man noch Hochzeitsschuhe nur mit kleinen Münzen bezahlen könnte, schüttelt sie lachend den Kopf. So viel Kleingeld würde kein Geschäft annehmen, dazu sei niemand verpflichtet.
Bald nur noch mit Geldkarte?
Doch Oliver Rackow, Inhaber eines Reisebüros, äußert Zweifel. Er ist der Meinung, dass ein tatsächlicher Verzicht auf das Kleingeld weitaus umfassendere Folgen haben würde, als viele denken. „Wenn es so kommt, wird es nicht dabei bleiben.“ Was er damit meint? „Nach den Münzen werden irgendwann die Scheine abgeschafft.“ Das liefe darauf hinaus, dass jeder nur noch mit Geldkarte zahlen könnte - egal ob beim Fleischer oder an der Tankstelle. Der Staat hätte damit die Kontrolle über seine Bürger, könnte nachvollziehen, wer was wann wo gekauft habe. Es ist das Phänomen „Gläserner Mensch“, vor dem die Verbraucherschützer warnen. Rackow findet auch noch ein weiteres Gegenargument. Wenn die kleinen Centbeträge wegfallen, aus 7,99 Euro plötzlich 8 Euro werden, würden heute zwar viele liebend gern auf den einen Cent verzichten. Allerdings würde dann überall an der Preisschraube gedreht. Natürlich nach oben. Obwohl er das Kleingeld nicht als große Belastung empfindet, kann er die Gebührenerhebung der Banken auf die Einzahlung der Münzen nicht nachvollziehen. „Warum muss ich die Bank für etwas bezahlen, das sowieso zu ihren Aufgaben gehört?“ Doch das nimmt er auf sich, um das Risiko der Überwachung möglichst gering zu halten.
Handelsketten fördern Spendenaktionen
Aber das Kleingeld muss nicht in Brieftasche und Spardose verstauben - einige Handelsketten fördern Spendenaktionen oder haben eigene Stiftungen gegründet, für die gesammelt wird. Wie zum Beispiel an den Kassen der McDonalds Filiale in Merseburg. Dort wird für die firmeneigene Kinderhilfe-Stiftung gesammelt. Vor allem am Monatsende seien die transparenten Büchsen voll, erzählt die Filialleiterin Dagmar Siegel.
„Es kommt einiges zusammen, auch wenn es nur die kleinen Cent-Münzen sind.“ Eine genaue Summe kennt sie nicht, doch die Stiftung gibt an, dass im Jahr 2011 über 2,5 Millionen Euro Spenden gesammelt werden konnten. Auch die Aktion „Deutschland rundet auf“ befreit Kunden der Ketten Netto, Penny oder Reno von ihrem Kleingeld. Dabei wird der Betrag, der bis zu den nächsten 10 Cent fehlt, an Projekte zugunsten sozial benachteiligter Kinder gespendet, wenn es der Kunde will. (mz)
