Klage wegen zu hoher Gebühren Klage wegen zu hoher Gebühren: Prozess gegen AZV treibt Merseburgerin in den Ruin

MERSEBURG/MZ - „Hätte ich gewusst, dass die Rechnung des AZV nur 9 000 Euro betragen wird, hätte ich nie im Leben geklagt.“ Heike Rößner ist verzweifelt, steckt jetzt bis zum Hals in Schulden. Ohne ihre Mitarbeiter bei der Druckerei Mebu, ihre Familie und Freunde hätte sie keinen Ausweg gewusst.
Denn der Abwasserzweckverband Merseburg hatte offenbar für den Anschluss ihres Grundstückes in der Werderstraße eine Rechnung von 34 000 Euro in Aussicht gestellt. Deshalb hatte Heike Rößner gegen den Zwangsanschluss geklagt. Ohne Erfolg.
Wer hat die Summe von 34.000 Euro genannt?
Das Gerichtsverfahren hat die Chefin der Druckerei Mebu an den Rand des Ruins getrieben. Anwaltskosten, Verfahrenskosten, Gutachterkosten, Kosten der Gegenseite. Alles muss sie zahlen. „Wenn ich meine Mitarbeiter nicht hätte“, sie schüttelt den Kopf. „Sie haben mir teilweise Geld gegeben, verzichten auf Lohn.“
„Wir sind hier drei Leute, mit der Chefin vier“, erzählt Gerd Behrendt von der Druckerei Mebu. Er hat hier Prokura, ist seit der Wende - mit einer Unterbrechung - in der Firma. Und ist seiner Chefin ein väterlicher Freund. Überhaupt scheint das kleine Team wie eine Familie zu funktionieren. Einer für alle. Und im Fall von Chefin Heike Rößner tatsächlich: alle für einen.
MZ fragte schriftlich beim Abwasserzweckverband nach, wie eine derartig hohe Differenz zwischen zunächst 34 000 und dann rund 9 000 Euro zustande kommt. Die schriftliche Antwort von AZV-Geschäftsführerin Uta Sonnenkalb: „Die hohen Kosten hat Frau Rößner und kein anderer ins Spiel gebracht.
Wieviel der AZV von Frau Rößner möchte, nämlich die Größenordnung, die auch im Bescheid steht (eine Summe von rund 9 000 Euro - Anmerkung der Red.), war ihr nachweislich seit dem 9.3.2010 bekannt.“ Warum sollte Heike Rößner vor Gericht selbst eine Summe ins Spiel bringen, die ihre eigenen Kosten erhöht und nach der sich alle anderen Kosten wie Anwaltskosten und Verfahrenskosten bemessen?
Wer statt Heike Rößner die hohe Summe genannt haben könnte, lesen Sie auf der nächsten Seite.
MZ liegt ein Schreiben vor, in dem festgestellt wird, dass es offenbar die AZV-Geschäftsführerin selbst war, die im Termin zur mündlichen Verhandlung im Sommer 2012 eine Summe von 34 000 oder gar 35 000 Euro als Anschlussgebühren genannt hat.
Hinzu kommen noch die Kosten für die Anbindung des Grundstücks an die Abwasseranlage, die damals von einem Sachverständigen auf fast 20 000 Euro geschätzt worden waren. „Ein Gutachter hatte den Wert meines Grundstücks aufgrund der Lage im Überflutungsgebiet nur noch auf rund 56 Cent pro Quadratmeter geschätzt“, erzählt Heike Rößner.
„Mit den horrenden Kosten - das kommt ja einer Enteignung gleich.“ Der AZV habe sie ruiniert. „Ich habe nur noch Schulden, muss noch mindestens 20 000 Euro an Freunde, Familie und meine Mitarbeiter zurückzahlen - das hätte alles nicht sein müssen.“
"Ich habe nur noch Schulden"
Deshalb fordert sie vom AZV die ihr zu unrecht entstanden Kosten zurück. „Ich weiß zwar nicht wie das gehen soll, vielleicht mit einem Anwalt, der auf Erfolgsbasis arbeitet. Aber de facto ist es ja so - die Kosten wären nie und nimmer entstanden, wenn mir von Anfang an die Summe von 9 000 Euro gesagt worden wäre.“
Auf dem Grundstück von Heike Rößner an der Saale wohnen eine Familie mit zwei Kindern und zwei Einzelpersonen. Außerdem steht hier die Druckerei und eine kleine - nach eigener Aussage von Heike Rößner - eher schlecht als recht gehende Pension. Die Merseburgerin hatte gehofft, dass sie die Biokläranlage, die sie gezwungen war, 1997 auf ihrem Grundstück zu errichten, weiterbenutzen kann, um das anfallende Abwasser zu entsorgen. Doch das darf sie nicht. Sie muss sich anschließen lassen.
Ein anderer Anwohner der Werderstraße bestätigte gegenüber MZ, dass er sich erfolgreich gegen den Zwangsanschluss gewehrt habe und ihm sogar noch erlaubt worden sei, eine Biokläranlage zu errichten.
Heike Rößner dagegen war die Erlaubnis zum Betreiben ihrer Anlage nicht verlängert worden, weil der vor ihrem Grundstück errichtete zentrale öffentliche Abwasserkanal betriebsbereit sei.