Industrieabfälle Industrieabfälle: Deutschlands größte Deponie wird saniert
Schkopau/MZ. - Ein mächtiger Hügel mit Wald an den Böschungen: So türmt sich die Hochhalde Schkopau aus der flachen Landschaft auf. Aus der Ferne sind auf dem Plateau Baumaschinen zu sehen - so groß wie Insekten. Ansonsten bekommen die Anrainerdörfer wie Knapendorf oder Bündorf kaum etwas davon mit, was sich in über 40 Metern Höhe auf der Deponie abspielt. "Wir bauen einen Berg", sagt Ronald Basmer, Bereichsleiter für Altlasten bei der Mitteldeutschen Sanierungs- und Entsorgungs GmbH (MDSE). Die MDSE überwacht und betreibt ein Jahrhundertprojekt: die Sanierung der 320 Hektar großen Hochhalde Schkopau, Deutschlands größter Deponie für Industrieabfälle. Es ist eine Aufgabe für Generationen. Bis zu 30 Jahre werden die Geländeprofilierung und die Sanierung andauern. Für weitere 50 bis 80 Jahre dürften auch nach Abschluss der Arbeiten Kontrollen notwendig sein. "Nur so können wir sicherstellen, dass tatsächlich kein kontaminiertes Material die Deponie verlässt", erklärt Gottfried Tolonits, Betriebsleiter der Hochhalde.
Die eigentliche Sanierung habe noch gar nicht begonnen, meint Kollege Basmer. Derzeit wird im Minutentakt das Material für die Profilierung angefahren. Dabei handelt es sich im Bauschutt, Böden, Mineralien und Schlacken. "Alles umweltverträglich", versichert Ronald Basmer. Unglaubliche fünf Millionen Kubikmeter Füllmasse werden noch benötigt, damit alle acht Altdeponien - die gemeinsam die Hochhalde bilden - mit einem Gefälle von fünf Prozent aufgefüllt werden. Zum Schluss kommen dann noch einmal 1,2 Millionen Kubikmeter Ton, ein Drainagesystem sowie 3,5 Millionen Kubikmeter Muttererde oben drauf. Dann soll kein Sickerwasser mehr die von den Buna-Werken über 55 Jahre eingespülten Schlämme erreichen. Unter anderem befinden sich im Haldenkörper Quecksilber, Kalkhydrat, Aschen aber auch feste Produktionsrückstände. "Alleine diese Zahlen verdeutlichen die Herausforderung, vor der wir stehen", sagt Basmer. 160 bis 180 Millionen Euro soll die Sanierung kosten - nach jetzigen Preismaßstäben.
Zentraler Teil der Renaturierung ist die Umverlegung des Flüsschens Laucha (die MZ berichtete). Noch durchschneidet das Gewässer die Deponie in einem künstlichen Canyon und ist dabei giftigen Sedimenten ausgesetzt. "Da die Fließgeschwindigkeit gering ist, geht von der Laucha keine Gefahr für die Gesundheit aus, weil Schadstoffe nicht ausgewaschen werden. Quecksilber etwa ist in Wasser nicht löslich", so Basmer. Dennoch ist der Fluss die größte Schwachstelle im Sicherheitskonzept.
Um jedes Risiko auszuschließen, soll das Gewässer daher in ein 2,4 Kilometer langes, neues Bett verlegt werden. Dafür muss allerdings die Altdeponie I zwischen Knapendorf und Annemariental verschwinden. Von 1987 bis 1991 wurde hier Kalkhydrat eingeschlämmt. Für den Umzug der Deponie wurden bereits neue Becken auf dem Haldengelände angelegt. Allerdings fehlt noch vom Landesverwaltungsamt die Genehmigung. Grund: selbst in der kargen Altdeponie habe sich eine Pflanzen- und Tierwelt entwickelt, die nach Ansicht der Naturschützer genauer betrachtet werden muss. Solange dieser Prozess nicht abgeschlossen ist, kann mit der Umverlegung der Laucha nicht begonnen werden. "Das Projekt wird nicht in Frage gestellt. Allerdings können wir zum jetzigen Zeitpunkt noch keine Freigabe erteilen", sagt Gabriele Städter, Sprecherin im Landesverwaltungsamt. Im Sommer hatte die Behörde einen Vor-Ort-Termin mit der MDSE platzen lassen.
Unterdessen beschäftigt Anwohner die Frage, ob sie jemals die Halde betreten dürfen. Ausschließen will das Ronald Basmer nicht. Der Ausblick vom künstlichen Berg ist überwältigend.