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Gatterstädt Gatterstädt: 25 Jahre Eiscafé Trautmann

Von regina retzlaff 27.04.2013, 18:20
Eröffneten vor 25 Jahren am 1. Mai ihre Eisdiele in Gatterstädt: Andrea und Holger Trautmann.
Eröffneten vor 25 Jahren am 1. Mai ihre Eisdiele in Gatterstädt: Andrea und Holger Trautmann. marco junghans Lizenz

Gatterstädt/MZ - In diesem Jahr hat Andrea Trautmann in Gatterstädt ganz besonders oft morgens gen Himmel gesehen. Die Sonne machte sich ja auch sehr lange rar. „Aber erst wenn die Sonne lacht, kommt auch unser Geschäft in Schwung. Da kann es durchaus noch ein bisschen kühl sein, Hauptsache ist, Klärchen steht am Himmel“, erklärt die 45-jährige Gatterstädterin, die vor nunmehr 25 Jahren mit ihrem Ehemann Holger den Schritt in die Selbstständigkeit wagte und eine Eisdiele eröffnete.

Dabei war das damals zu DDR-Zeiten gar nicht so selbstverständlich. „Eigentlich hat uns ein Missverständnis so weit gebracht“, erinnert sich der 53-jährige Holger Trautmann, der einst Agrotechniker gelernt hatte und die Zootechnikerin Andrea zur zweiten Ehefrau nahm. Es liege aber sozusagen in seinen Genen, selbstständig zu sein. Der Vater war selbstständiger Müllermeister, der Onkel Bäckermeister und die Tante besaß einen Laden. „So machten wir uns 1987 zum ersten Mal Gedanken, was wir machen sollten. Und weil wir beide Eis-Fans sind, außer in Querfurt und Obhausen weit und breit keine Eisdiele existierte, kam uns die Idee mit dem Eisladen“, erzählt er. Im Haus seines Opas stand seit Jahren ein Laden leer. Der sollte um- und ausgebaut werden.

Gesagt, getan. Die beiden machten sich auf zum Rat des Kreises Querfurt, Abteilung Handel und Versorgung, und trugen ihr Anliegen vor. Die zuständige Abteilungsleiterin zählte ihnen auf, was sie alles brauchen, um einen Antrag stellen zu können. Polizeiliches Führungszeugnis, Stellungnahme der Gemeinde, Hygienelehrgang, kaum zu beschaffende Maschinen führte sie als Hinderungsgrund auf. „Aber sie hatte nicht mit unsrer Aktivität und den Beziehungen gerechnet, die wir hatten. Als wir nach 14 Tagen wieder bei ihr aufschlugen und erklärten, was wir schon alles eingeleitet hatten, schlug sie die Hände über den Kopf zusammen und meinte, sie habe uns doch noch gar keine Zusage gegeben. Sie dachte, wir lassen es von alleine sein“, schmunzelt Trautmann. Aber ihr blieb am Ende gar nichts weiter übrig, als die Erlaubnis zu erteilen.

Allerdings mussten Trautmanns am 1. März 1988 zunächst eine Brot- und Backwaren-Verkaufsstelle eröffnen, weil die im Dorf fehlte. Das erste Eis verkauften sie am 1. Mai, denn von Brot und Backwarenverkauf allein konnten sie nicht leben. Für das Eis waren die Zutaten wie Milch, Zucker, Kakao und Farbstoffe schwer zu bekommen. Ein Tipp von Vater Fritz half. Trautmann wurde Mitglied in der Bäckergenossenschaft und konnte nun anstatt auf zwei Sack Kakao pro Jahr wesentlich mehr bekommen. „Zum Pasteurisieren haben wir eine Waschmaschine WM 66 umgebaut“, erinnert sich Andrea Trautmann. Und das Geschäft lief gut. Auch wenn es anfangs noch keine Tische und Stühle gab, jede Kühltruhe extra beantragt werden musste.Dann kam die Wende. Die Menschen fuhren nach dem Westen und kamen mit der Erfahrung zurück, dass es dort unzählige und exotische Eissorten gab. „Wir hatten gleich nach der Wende Brot und Backwaren abgegeben. Schließlich verdienten wir an einem Brot nur vier Pfennige. Doch unser Baukredit, der zwar zur Wende halbiert worden war, drückte uns mächtig. Es gab Tage, da hatten wir nicht eine Mark in der Kasse“, erzählt Holger Trautmann.

Dann kam die Wende. Die Menschen fuhren nach dem Westen und kamen mit der Erfahrung zurück, dass es dort unzählige und exotische Eissorten gab. „Wir hatten gleich nach der Wende Brot und Backwaren abgegeben. Schließlich verdienten wir an einem Brot nur vier Pfennige. Doch unser Baukredit, der zwar zur Wende halbiert worden war, drückte uns mächtig. Es gab Tage, da hatten wir nicht eine Mark in der Kasse“, erzählt Holger Trautmann.

Deshalb klinkte er sich für 14 Monate aus dem Eisdielengeschäft aus. Zumindest von Sonntagabend bis Donnerstag. Er ging in den Westen auf Montage. Als Handlanger auf dem Bau verdiente er das Geld (12,50 Mark/Stunde), die Familie zu ernähren, zu der seit Oktober 1989 Sohn Benno gehört. Andrea führte indes mit Hilfe ihrer Mutter (und das bis heute) das heimische Geschäft. 1990 schafften sie sich zudem einen Eiswagen an, mit dem die kalte Leckerei in die Region gefahren und verkauft wird. Das Eis sei einfach nur lecker, nicht zu süß, nicht zu viel Sahne, schwärmt Holger Trautmann, der sich 2006 aus dem Geschäft ausgeklinkt hat. Er führt den Mühlenbetrieb und den Futtermittelhandel des Vaters weiter und betreibt zudem auf 12 Hektar Fläche Landwirtschaft.

In der Eisdiele, an der in der Wintersaison meistens gebaut und repariert wird, hilft Verkäuferin Manuela Siebler, wenn Andrea auf Eistour ist. Und auch auf ihre Mutti, Ingrid Göhrmann, kann sie sich verlassen. Benno hat allerdings keine Lust, die Eisdiele mal weiterzuführen. Er ist Busfahrer. Auch Sohn Frank aus Holgers erster Ehe wird nicht in Vaters Fußstapfen treten. Er ist Lokführer geworden. „Wir machen es, so lange es noch einigermaßen läuft, dann wird Schluss sein mit der Eisdiele von Gatterstädt“, sagt Trautmann.