Freizeit in der DDR Freizeit in der DDR: Der Osten nach Feierabend
BAD DÜRRENBERG/MZ. - Briefmarken sammeln, Indianerspiele, trautes Glück im Kleingarten: Es war reichlich viel los in der DDR, allerdings immer in Maßen. Getreu dem Leninschen Motto "Vertrauen ist gut - Kontrolle ist besser", hatten Partei und Staat immer ein Auge darauf, was die Bürger bewegte, selbst dann, wenn sie nicht an sozialistischer Produktionsstätte für Erfolge und Frieden kämpften.
"Die Gelenkte Freizeit - DDR-Lebenswelten in der Honecker-Ära" heißt nun eine interessante Ausstellung, die derzeit im Palmen- und Vogelhaus von Bad Dürreberg zu sehen ist und das vielfältige Leben im Osten nach Feierabend beleuchtet. Die Wanderausstellung des Leipziger Archivs Bürgerbewegung hat sich der so genannten "Nischengesellschaft" angenommen.
Und sie verdeutlicht: Für die meisten DDR-Bürger entwickelten sich ihre Freizeit- und Hobbyaktivitäten lange Zeit scheinbar unbeeinflusst von der offiziellen Staatspolitik im Privatleben. Der jeweilige Freundeskreis war wichtig, ebenso der Verein, der aber ebenfalls hirarchisch strukturiert war. Hier herrschte eine relative Unbekümmertheit gegenüber den Lenkungsversuchen der Oberen.
Aber es gab da noch die Staatssicherheit, die alles misstrauisch beäugte, notierte und nach oben weiter meldete. So etwa, wenn drei Fußballfans zum Länderspiel zwischen der BRD und Polen nach Warschau fuhren. Dort wurde dann festgestellt, "dass sie sich an Sprechchören wie ,Deutschland vor - schieß ein Tor' beteiligten und anschließend das Hotelquartier der BRD-Mannschaft aufsuchten. Hier
bekamen sie das Autogramm eines BRD-Spielers und einen Wimpel des Fußballbundes mit Adler". Auch die ab Mitte der 1970er Jahre in der DDR wachsende Fangewalt in den Fußballstadien hatte die Stasi im Blick, wie ein internes Verzeichnis von 81 Fanclubs allein des 1. FC Lok Leipzig aus der Stadt mit Name und Adresse beweist.
Friedlicher ging es bei den Briefmarkensammlern zu. Die hatten nur Mühe ihre Tauschgeschäfte entsprechend den (natürlich überwachten) Aus- und Einfuhrbestimmungen zu regeln. Mit den Reisebeschränkungen, die auch vor den befreundeten sozialistischen Staaten wie Ungarn (Stichwort: stark eingeschränkter Geldumtausch) nicht Halt machte, erlebte die Campingbewegung einen enormen Aufschwung. 654 Plätze für den Zeltbau gab es zwischen Suhl und Kap Arkona. Doch auch hier war nicht alles eitel Freude, wie ein Bericht an den Rat des Bezirkes Leipzig verdeutlicht. Die Beschwerden zum Campingwesen (etwa 20 Prozent aller Eingaben) betreffen die Vergabe von Zeltgenehmigungen. In diesen Fällen sei nur selten Hilfe möglich, heißt es dann, "weil die Kapazität der Zeltplätze begrenzt ist. Etwa 80 bis 90 Prozent der Zeltplätze werden an Bürger vergeben, die als Dauercamper gelten." Zum Renner wurde da die Erfindung eines Kraftfahrers aus Limbach-Oberfrohna, der für 1 578 Mark das "Dachzelt für den Trabi" offerierte.
Der wachsenden Lust, sich in Traditionsvereinen zu versammeln, gewann die DDR eine besondere Note ab, wie eine ADN-Meldung vom 18. Oktober 1980 beweist. "Anschaulichen Geschichtsunterricht erhielten Leipziger FDJ-Offiziersbewerber in einer Veranstaltungsreihe zur Waffenbrüderschaft, die die junge Generation mit revolutionären Traditionen vertraut macht", steht da geschrieben, und man sieht die angehenden Armisten Arm in Arm mit "Revolutionären" von 1813 in historischen Uniformen vor dem Völkerschlachtdenkmal. So geht's auch.
"Wir wollen die Schau nach Möglichkeit verlängern", so Amtsleiter Jörg Höhne. "Bisher ist sie bis zum 31. Juli zu besichtigten. Wir hoffen, sie bis August zeigen zu können, im Kontext mit einer Schau zur Jugendmusikkultur der DDR.